Deutschland hält trotz WHO-Rückstufung am Grippe-Mittel Tamiflu fest

Die Bundesregierung hält am umstrittenen Grippe-Mittel Tamiflu fest, obwohl die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Oseltamivir, den Wirkstoff von Tamiflu, zuletzt zurückgestuft hat. Das berichtet der „Spiegel“ in seiner aktuellen Ausgabe. Demnach sieht die Bundesregierung Tamiflu weiterhin als „geeignetes Mittel“ und lagert 7,5 Millionen Therapieeinheiten als „Bundesreserve“.

In Baden-Württemberg, Berlin, Hessen, Rheinland-Pfalz oder Nordrhein-Westfalen lagert der Wirkstoff auch in Säcken und soll im Bedarfsfall kurzfristig abgefüllt werden. Experten halten das Mittel für überschätzt. „Der Hype um Tamiflu war geprägt von Angst. Es gab sicher den Gedanken, dass der Stoff besser als nichts sein könnte“, sagte Thomas Schneider, Infektiologe an der Charité, dem „Spiegel“. Doch sehr viel besser als nichts habe Oseltamivir in Studien nicht abgeschnitten. Auch war die Studienlage umstritten, weil die Daten einiger Untersuchungen anfangs nur beschränkt öffentlich zugänglich waren. „Tamiflu hätte bei der Datenlage nie auf die WHO-Liste der unentbehrlichen Arzneimittel gelangen dürfen“, sagte Wolfgang Becker-Brüser, Arzt und Apotheker sowie Herausgeber des Fachblattes „Arznei-Telegramm“. Dass die Verkaufszahlen für Tamiflu explodierten, hält er für ein „Multisystemversagen“, die Rückstufung durch die WHO für „längst überfällig“. Der Wirkstoff von Tamiflu steht nach der Rückstufung nicht mehr länger auf der Hauptliste essenziell wichtiger Arzneimittel und wird nur noch als Ergänzungsstoff für Krankenhauspatienten empfohlen.

Foto: Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Genf, über dts Nachrichtenagentur

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