Kreuzworträtsel: Der ewig junge Klassiker

Seit über hundert Jahren erfreuen sich Kreuzworträtsel größter Beliebtheit (das erste Kreuzworträtsel der Welt erschien am 21. Dezember 1913 in der Weihnachtsbeilage der Zeitung New York World). Und zwar einerseits bei Leserinnen und Lesern – für sie ist das Rätseln eine Art Gehirnjogging und sie bleiben fit im Kopf. Aber auch Verlage profitieren. Hier sorgen die regelmäßig erscheinenden Rätsel für Leserbindung und tragen damit letztlich zur Sicherung der Auflage der jeweiligen Publikation, wenn nicht gar zu einer Steigerung bei. Diese Wirkung wird noch verstärkt, wenn attraktive Preise winken. Und: man kann sich an jedem Kiosk mit etlichen Rätselheften eindecken, die nichts weiter enthalten als Kreuzworträtsel, damit es einem am Wochenende nicht langweilig wird.

„Kinderkrankheit mit sieben Buchstaben“, der vierte Buchstabe ist ein T – wir alle haben uns irgendwann bei einem Kreuzworträtsel den Kopf zerbrochenen, lange Zeit überlegt, Familie und Freunde genervt, im Lexikon, in Fachbüchern oder in Atlanten nachgeschlagen oder in neuerer Zeit gegoogelt. Und wenn uns dann die Lösung eingefallen ist, die auch noch in die vorgesehenen Quadrate passte, hat das ein Gefühl tiefster Zufriedenheit hinterlassen. Das Lösen von Kreuzworträtseln ist in Zeiten des Internets einfacher geworden – es gibt wohl kein Fachgebiet, dessen sich im Netz nicht irgendjemand angenommen hätte. Der Vorname der Schwiegermutter Mozarts? Der Architekt Brasilias? Ein linker Nebenfluss des Kongo? Wer war 1896 amerikanischer Präsident? Der hellste Stern im Sternbild Andromeda? Alles kein Problem mehr: rasch die Suchmaschinen durchstöbert und man kommt der Lösung auf die Spur. Es gibt sogar mehrere Kreuzwortlexika im Netz und Kreuzworträtseldatenbanken, an deren Vervollständigung sich eingetragene User beteiligen können. All diese Möglichkeiten der Recherche ersetzen natürlich nicht eine solide Allgemeinbildung aber einfacher ist es schon, im Internet „nachzuschlagen“ als in einem 20-bändigen Lexikon, dessen Band Fr – Ho gerade nicht auffindbar ist, den man aber unbedingt brauchte, um der Lösung näher zu kommen.

Nahezu alle Publikumszeitschriften, etliche Kunden- und Tageszeitungen veröffentlichen regelmäßig Kreuzworträtsel, oft verbunden mit einer Gewinnmöglichkeit: die Buchstaben besonders gekennzeichneter Felder ergeben dann ein Lösungswort, das per Mail, Postkarte oder SMS eingeschickt wird. Unter diesen Lösungseingängen werden mehr oder minder attraktive Preise ausgelost. Das ist vordergründig für viele Teilnehmer gar nicht so wichtig: dabei sein ist alles. Je nach Auflage und Verbreitungsgebiet der jeweiligen Publikation beteiligen sich oft tausende Leserinnen und Leser an diesen Preisausschreiben. Grund ist einerseits der Spaß, den sie sowieso am Rätseln haben und darüber hinaus noch eine Gewinnchance. Und sie vergrößern, ohne sich dafür über die Maßen anstrengen zu müssen, ihren Wissensschatz.

Soviel zu den Menschen, die Kreuzworträtsel lösen. Es gibt auch die andere Seite, die derjenigen nämlich, die Rätsel veröffentlichen. Was für Wirtschaftsunternehmen die Kundenbindung ist für den Verleger die Leserbindung. Wer sich „seiner“ Zeitung verbunden fühlt, wird sein Abonnement nicht so schnell kündigen. Das alltägliche oder wöchentliche Rätsel – insbesondere mit der Aussicht auf einen Gewinn – macht vor allem Printmedien und deren Werbepartner attraktiv für ihre Konsumenten. Sicher hat der redaktionelle Teil Vorrang, wir wollen informiert werden. Aber die unterhaltende Komponente spielt bei den meisten Periodika doch eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Unterhalten wollte 1913 auch Arthur Wynn, als er in der „New York World“ das erste Kreuzworträtsel veröffentlichte. In der Vorweihnachtsausgabe war noch Platz, und so nutzte der Journalist die Gelegenheit, ein Resultat seines Hobbys unterzubringen: ein Kreuzworträtsel in Rautenform mit 31 Suchbegriffen. Damit begann der internationale Siegeszug des Kreuzworträtsels, wenngleich diese Form der Freizeitgestaltung in den ersten Jahren durchaus Gegner hatte, die von Zeitverschwendung sprachen. 1925 erschien in Deutschland das erste Kreuzworträtsel, in der Berliner Illustrierten.

Im Laufe der Jahrzehnte entwickelten sich verschiedene Varianten. Beim gewöhnlichen Kreuzworträtsel werden die Suchbegriffe in einer nummerierten Liste aufgeführt. Es wurden so genannte Blindkästchen eingeführt, die sich nicht berühren dürfen und möglichst auch noch symmetrisch angeordnet sein sollten. Eine weitere, wahrscheinlich die beliebteste Variante ist das Schwedenrätsel, bei dem die Suchbegriffe in einem Blindkästchen abgedruckt sind, zusammen mit einem Pfeil, der die Richtung anzeigt, in der das Lösungswort einzutragen ist. Dass Kreuzworträtsel Suchtpotenzial bei ihren Anhängern haben, äußert sich unter anderem darin, dass es alljährlich Deutsche Meisterschaften im Kreuzworträtselraten gibt?

Eine Frage soll abschließend noch beantwortet werden: Wer „macht“ eigentlich die Kreuzworträtsel? Und wie werden sie gemacht? Nun, früher, das heißt bevor es Computer gab, wurden die Rätsel tatsächlich per Hand – und Geist natürlich – entworfen. Die Fertigstellung eines solchen Kreuzworträtsels dauerte um ein Vielfaches länger als seine Lösung. Dennoch haben die Verleger hier investiert – sie hatten erkannt, dass sie auf diese Weise ganz nahe bei ihren Lesern sind. Allerdings beschäftigt heute keine Redaktion mehr jemanden ausschließlich für die Erstellung von Kreuzworträtseln. Eine Reihe von spezialisierten Agenturen hat diese Aufgabe übernommen. Sie liefern alles, was der Kunde wünscht: die genaue Anzahl der auszufüllenden Quadrate, den Schwierigkeitsgrad, das geforderte Lösungswort. Das alles kann die entsprechende Software, damit Menschen, die Freude daran haben, wieder rätseln können. Und: es gibt auf der ganzen Welt so genannte Setter, das sind Menschen, die Freude am Spiel mit Worten haben, und die nach wie vor Kreuzworträtsel per Hand machen. Je schwieriger und komplizierter, desto lieber.

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