771 politisch motivierte Straftaten von Reichsbürgern im Jahr 2017

Erstmals liegen der Bundesregierung flächendeckend für ganz Deutschland Zahlen zu politisch motivierten Straftaten von sogenannten „Reichsbürgern“ vor. Für das Jahr 2017 (Stichtag 28. Dezember) seien im Datenbestand des Bundeskriminalamts (BKA) insgesamt 771 Straftaten gemeldet worden, darunter 619 vollendete und 152 versuchte Straftaten, berichtet das „Handelsblatt“ unter Berufung auf die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Bundestagsabgeordneten Irene Mihalic. Vergleiche mit früheren Jahren sind nicht möglich, da das BKA erst seit Anfang 2017 politisch motivierte Straftaten von „Reichsbürgern“ beziehungsweise sogenannten Selbstverwaltern gesondert erfasst.

Die Bandbreite der Delikte reicht von Körperverletzung, Volksverhetzung, Brandstiftung, Erpressung, Nötigung und Widerstand gegen Vollzugsbeamte bis hin zu Propagandadelikten, Sachbeschädigungen und Verstößen gegen das Waffengesetz. Die meisten Straftaten wurden den Angaben zufolge in Bayern (314) registriert. Danach folgen Nordrhein-Westfalen (71), Niedersachsen (66), Brandenburg (64) und Baden-Württemberg (58). Die Bundesländer mit den wenigsten Straftaten sind Hamburg (0), Bremen (2) und das Saarland (2). Im Jahr 2017 wurden von „Reichsbürgern“ außerdem 116 Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger begangen, meist handelte es sich dabei um Nötigung oder Beleidigung. In einem Fall kamen auch Waffen zum Einsatz. In Niedersachsen wurden demnach laut BKA-Erkenntnissen die meisten Delikte registriert (23), gefolgt von Baden-Württemberg (22) und Nordrhein-Westfalen (15). Die Bundesregierung geht (Stand: 30. September 2017) deutschlandweit von rund von rund 15.000 Personen in der Reichsbürger- und Selbstverwalter-Szene aus. Die Verfassungsschutzbehörden haben die Zahl jedoch inzwischen nach oben auf rund 16.500 Personen (Stichtag 31. Dezember 2017) korrigiert. Davon seien etwa 900 Personen Rechtsextremisten. Das Personenpotenzial war zu Beginn der Beobachtung durch die Verfassungsschutzbehörden im Herbst 2016 zunächst auf etwa 10.000 geschätzt worden. Laut Angaben der Bundesregierung sind den Sicherheitsbehörden zudem etwa 20 Reichsbürger- und Selbstverwalter-Gruppierungen bekannt, die „bundeslandübergreifend Aktivitäten entfalten“. Zu diesen Gruppierungen wird demnach ein Personenpotenzial in einem niedrigen vierstelligen Bereich gezählt. Zudem seien rund 1.100 Personen aus der Reichsbürger-Szene legal im Besitz von Waffen. Sie verfügen demnach über eine oder mehrere „waffenrechtliche Erlaubnisse“. Bei rund 15.000 bis 16.500 „Reichsbürgern“ entspricht das ungefähr einer Quote von sieben Prozent. Zum Vergleich: Der Anteil waffenrechtlicher Erlaubnisse an der Gesamtbevölkerung beträgt laut Bundesregierung zwei Prozent. Die Grünen-Innenexpertin Mihalic zeigte sich besorgt angesichts dieses Befunds. „Hierin offenbart sich ein gewaltiges Gefahrenpotenzial für die innere Sicherheit, wenn man die umstürzlerischen Ziele der `Reichsbürger` vor Augen hat“, sagte Mihalic dem „Handelsblatt“.

Foto: Polizei, über dts Nachrichtenagentur

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