Schellnhuber wirft Chef des Weltklimarats Verharmlosung vor

Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber wirft dem aktuellen Chef des Weltklimarats, Jim Skea, vor, das falsche Signal an die Öffentlichkeit zu senden. „Jim war immer schon ein fröhlicher Pragmatiker“, das gefalle zwar Politikern, sei der Situation aber nicht angemessen, sagte Schellnhuber dem „Spiegel“. Skea hatte zuletzt gesagt, die Welt werde bei einer Erwärmung um 1,5 Grad nicht untergehen.

Auch fordert Skea „pragmatische Lösungen statt einer Schockstarre“. Ähnlich hart geht Schellnhuber mit den Klimaforscherkollegen des Hamburger Max-Planck-Instituts ins Gericht: „Die `Hamburger Schule` möchte sich offenbar durch Ruhe und Besonnenheit auszeichnen, was unter normalen Umständen die richtige Einstellung wäre, doch das Motto `Bloß keine Panik` hat in der Weltgeschichte öfter den Untergang ganzer Kulturen ermöglicht.“ Der ehemalige Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung warnt davor, die Wetteranomalien der vergangenen Monate herunterzuspielen.

Sie würden zeigen, dass das Klimasystem noch nervöser und sprunghafter sei als angenommen. „Ich arbeite seit 40 Jahren in der Klimaforschung, aber solche Anomalien wie in den vergangenen Monaten haben wir noch nie registriert“, sagte der emeritierte Physiker. „Irgendwie spielen die Kontrollinstrumente des Raumschiffs Erde momentan verrückt. Stellen Sie sich vor, Sie steuern ein Flugzeug über den Atlantik, und die Armaturen zeigen plötzlich gewaltige Ausschläge, sie würden in Panik geraten.“

Schellnhuber bezieht sich auf außergewöhnlich hohe Temperaturen von Luft und Wasser sowie die historisch geringe Ausdehnung des antarktischen Meereises. „Das Jahr 2023 wird höchstwahrscheinlich zum heißesten der Messgeschichte werden, welches bereits an der 1,5-Grad-Linie kratzen dürfte.“

Der emeritierte Professor für Theoretische Physik wird ab Anfang Dezember das Internationale Institut für Angewandte Systemanalyse im österreichischen Laxenburg bei Wien leiten. (dts Nachrichtenagentur)

Foto: Hans Joachim Schellnhuber (Archiv), über dts Nachrichtenagentur

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