Studien: Unternehmen setzen vermehrt auf digitale Recruiting-Kanäle

Es herrscht Fachkräftemangel in Deutschland. Händeringend suchen Unternehmen nach geeigneten Bewerbern. Der große „War for Talents“ ist damit in vollem Gange und er zwingt Unternehmen zum Umdenken: Sowohl die Recruiting-Kanäle als auch die Bewerbungsformate werden vielfältiger.

Für die Bewerber selbst zeigt sich der Trend am offenkundigsten anhand der gewünschten Bewerbungsform: Einer Studie des Digitalverbands Bitkom zufolge bevorzugen inzwischen neun von zehn Personalern die digitale Bewerbungsmappe (wir berichteten). Damit dürften die Zeiten ausgedruckter Bewerbungen mit aufgeklebtem Foto und möglichst edler Mappe bald endgültig vorbei sein. Das Bewerbungsprocedere wird dadurch sowohl für Bewerber als auch für Personaler einfacher und der Auswahlprozess wird erheblich beschleunigt. Nicht zuletzt hat das E-Recruiting, wie in diesem Artikel dargelegt wird, für Unternehmen noch die positiven Nebeneffekte, dass es der Firma ein modernes Image verleiht und umweltfreundlicher ist als gedruckte Bewerbungen. Doch digitale Bewerbung ist nicht gleich digitale Bewerbung: Die Recruiting-Kanäle reichen inzwischen von der – fast schon „klassisch“ zu nennenden – E-Mail über eigene Online-Portale, Kontaktformulare bis hin zu Social Media und Karriere-Netzwerken.

Der Trend geht zu Formularen und Karriere-Websites

Diese Kanäle befinden sind auch selbst im Wandel: Der „Klassiker“ E-Mail wird zunehmend von Online-Formularen und Karriere-Websites verdrängt. So hat eine Erhebung zu Recruiting-Trends ergeben, dass inzwischen 55 Prozent der befragten Unternehmen Online-Formulare bzw. Karriere-Websites bevorzugen. E-Mail-Bewerbungen sehen hingegen nur noch 42 Prozent der Unternehmen am liebsten. Abgeschlagen ist auch in dieser Studie die postalische Bewerbung mit nur noch 3 Prozent.

Was bedeuten diese Zahlen für Bewerber? Zunächst einmal mehr Aufwand. Denn die Formulare müssen stets erneut ausgefüllt werden – anders als der analoge Lebenslauf, der oft nur mit aktuellem Datum versehen wird und ansonsten so lange verschickt wird, bis eine neue Station hinzugefügt werden muss. Mit diesem Trend geht noch ein weiterer einher, nämlich der schleichende Niedergang eines sorgfältig formulierten Anschreibens. Immer bedeutsamer wird hingegen ein gut strukturierter Lebenslauf. Den Lebenslauf halten 99 Prozent der Unternehmen für „wichtig“ oder „sehr wichtig“, das Anschreiben nur 71 Prozent. Als wichtiger werden Zeugnisse (72 Prozent) und die Übersichtlichkeit bzw. Struktur der Bewerbung (87 Prozent) betrachtet.

Herausforderung für Unternehmen: Millennials bewerben sich anders

Doch was für Unternehmen wichtig ist – und das ist der Knackpunkt – muss für die händeringend benötigten Fachkräfte noch lange nicht wichtig sein oder kann diese sogar abschrecken. In einem Punkt zumindest scheinen sich Personaler und junge Fachkräfte einig zu sein: Eine aufwendige und kostenintensive postalische Bewerbung ist nicht mehr zeitgemäß. Tim Weitzel, Professor für Wirtschaftsinformatik in Bamberg, nennt einen der Gründe dafür: „Die Kandidaten sind zunehmend mobil unterwegs und möchten sich dann auch so bewerben.“

Die jungen Fachkräfte möchten sich mobil und vor allem schnell bewerben können – Drucken und umständliches postalisches Verschicken der Bewerbungsunterlagen ist das genaue Gegenteil davon. Die Herausforderung besteht nun darin, diese Talente über die richtigen Kanäle abzuholen. Dafür ist es erforderlich, dass Unternehmen noch stärker als bisher selbst die Initiative ergreifen: Unerlässlich sind zum Beispiel Multipostings, damit die Stellenausschreibungen auf möglichst vielen Jobportalen sichtbar sind. Zudem avancieren Social-Media-Plattformen und Karrierenetzwerke immer mehr zu Jobbörsen. Mithilfe von Analyse-Tools können Personaler inzwischen auf LinkedIn riesige Datensätze nach passenden Bewerbern durchsuchen. Unternehmen wird aber auch in kreativer Hinsicht immer mehr abverlangt: Ohne Employer Branding, also der Markenbildung als guter Arbeitgeber, geht es nicht mehr. Unter Umständen sind auch tiefgreifende Veränderungen der Unternehmenskultur notwendig, um junge Talente zu gewinnen und letztlich zu halten.

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