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Buchrezension: Das erste Mal Chef, von Ralph Frenzel

Wer kennt es nicht das leidige Problem: jahrelang hat man vielleicht Seite an Seite mit seinen Kolleginnen und Kollegen gearbeitet und nun soll man auf einmal ihr Vorgesetzter sein? Dies birgt viel Konfliktstoff, wenn plötzlich die alte Vertraulichkeit schwindet und man den einstigen Mitstreitern klipp und klar sagen soll, wo es nun dienstlich lang geht. Ebenso zwiespältig kann die Situation jedoch sein, wenn man sich auf eine Stellenanzeige hin beworben hat und dann tatsächlich angenommen wird, als Vorgesetzter!

Ein Ratgeber für alle frisch gebackenen Führungskräfte

Als augenscheinlich erster und einziger Sachtitel dieses Autors erschien „Das erste Mal Chef“ im Jahre 2012 im renommierten Haufe Verlag in Breisgau, der für seine vor allem betriebswirtschaftliche Ausrichtung bekannt und beliebt ist. Es scheint fast so, als würde es Ralph Frenzel nur allzu gut kennen, jenes Unbehagen und zugleich mulmige Gefühl, das all jene Menschen beschleicht, die sich nun plötzlich als Alphatiere beweisen müssen. Früher, aus der anonymen Masse der Untergebenen heraus, mit denen man von gleich zu gleich interagieren konnte, war es leicht, den Vorgesetzten ob seines Gehaltes und seiner augenscheinlichen Entscheidungsbefugnis zu beneiden und oft auch aus der Anonymität heraus zu kritisieren. Stets konnte man dabei so tun, als wüsste man es besser und sei auch in der Lage, alles besser zu machen. Doch nun hat man dies plötzlich tatsächlich unter Beweis zu stellen. Ralph Frenzels Ratgeber wendet sich an all jene, die sich plötzlich in der beschriebenen Situation befinden und die nun auf einmal vom Fracksausen gepackt werden.

Die ersten Tage zählen

Eine Volksweisheit sagt, dass es meist für den ersten Eindruck keine zweite Chance oder Gelegenheit gibt. Und Ralph Frenzel widmet daher den aller ersten Tagen als frisch gebackene Führungskraft ein ganzes Kapitel. Er geht also chronologisch vor, denn bereits bei der Vorstellung als neuer Chef kann man schon vieles verkehrt machen, was sich später nicht mehr ausbügeln lässt. Hierbei geht der Autor recht strukturiert vor, indem er nämlich die einzelnen Situationen untersucht, in die man als neuer Chef gelangen kann. Hierzu zählt zunächst die Option, in seiner bisherigen Abteilung befördert zu werden. Ebenso jedoch die Möglichkeit, in eine andere Abteilung des bisherigen Unternehmens versetzt zu werden, allerdings als Chef. Komplettiert wird das Szenario schließlich durch die Möglichkeit, in einer gänzlich neuen Firma eine Führungsposition übernehmen zu dürfen. Damit hierbei situativ möglichst keine Anfängerfehler gemacht werden, hält Ralph Frenzel jede Menge an guten und nützlichen Ratschlägen bereit, die von profunder praktischer Erfahrung des Autors mit dergleichen oder ähnlich gelagerten Situationen künden.

Das AGG-Gesetz

Dass es bei Ralph Frenzels Sachbuch nicht nur um die Ausbreitung persönlicher Erfahrungswerte geht, zeigt gleich das zweite Kapitel. Hier wird nämlich der Gesetzesrahmen, der für eine Führungskraft relevant ist, in Gestalt des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG-Gesetz) näher betrachtet. So gibt der Autor nützliche Tipps und Hinweise in Bezug auf sogenannte personenbezogene und damit AGG-relevante Merkmale. Er erklärt anschaulich die Relevanz des AGG-Gesetzes für eine Führungskraft und rät, was bei Ausschreibungen, seien sie nun interner oder auch externer Natur, generell vor dem Hintergrund des ominösen AGG-Gesetzes zu beachten ist.

Führen mit Zielen

Aus der amerikanischen Unternehmenskultur wurde die Gepflogenheit übernommen, Mitarbeiter mit verbindlich vereinbarten Zielen zu führen. Es geht hierbei also darum, den Mitarbeiter zu sich ins Boot zu holen und realistische Zielvorgaben zu setzen, die auch von dem betreffenden Mitarbeiter mit getragen und akzeptiert werden können. Doch wie führe ich das berüchtigte Zielvereinbarungsgespräch? Wie bereite ich mich von der Gesprächsführung darauf vor und was ist überhaupt die berühmte optimale Zielsetzung. Hierbei geht der Autor nunmehr sehr ins handwerkliche Detail, um der frisch gebackenen Führungskraft die elementarsten Tools mit an die Hand zu nehmen. Eine klare und deutsche Sprache und eine systematische und vor allem systematisierende Erklärweise mit jeweils kurzen und einprägsamen Zusammenfassungen, machen den personaltechnischen und reichlich psychologischen Stoff auch für Neulinge verständlich.

Vom richtigen Umgang mit Mitarbeitern

Einst galt die These, wonach das Humankapital in Gestalt der einzelnen Mitarbeiter das wichtigste Kapital des Unternehmens sei. In Branchen, in denen Personalnot herrscht, ist dies tatsächlich auch noch heute so. Hier setzt Ralph Frenzel im nächsten Kapitel seines Ratgebers an, indem er drei Einzelaspekte näher beleuchtet: die stets zu kurz kommende Einarbeitung neuer und daher meist noch unsicherer Mitarbeiter, das Wechselspiel des Forderns und Förderns und die Weckung des Erfolgswillens beim Mitarbeiter. Hier wird die erfreuliche Tendenz beim Autor deutlich, dass er Führung nicht als Druckausübung, sondern eher als Konsens empfindet. Eine Prämisse, die manchen Unternehmen und Führungskräften gut zu Gesicht stünde.

Motivation ist beinahe schon alles

Ein recht umfangreiches Kapitel widmet der Autor schließlich auch der Motivation, die nicht nur in der Vermittlung der Tatsache bestehen kann, dass der Arbeitsplatz eines Mitarbeiters stets gefährdet ist. Stattdessen werden die Motivatoren beleuchtet, das Funktionieren des Motivationsprozesses im Ganzen wie im Detail hinterfragt, Wertehierarchien entwickelt und die Funktionsweise des sogenannten kooperativen Führungsstiles dargelegt, für den der Autor hier ganz offensichtlich ein Plädoyer abgibt.

Konflikte lösen

Konflikte sind das zentrale Thema des nächsten Kapitels. Der Autor strukturiert und untergliedert Konflikte und unterteilte sie zudem in die echten und in die unechten Konflikte. Er entwickelt und empfiehlt Strategien zur Konfliktvermeidung, aber auch zur Konfliktlösung. Konflikte werden dabei grundsätzlich als Chance begriffen, aber nicht jeder Konflikt lässt sich in der Praxis letztendlich auch lösen.

Praktische Tipps

Die nächsten drei Kapitel (Wie plane und leite ich Teambesprechungen? Wie gestalte ich die konzeptionelle Planung richtig? Wie erhalte ich langfristig meine Arbeitskraft?) sind nun elementarste Handreichungen für jenen frisch gebackenen Chef, der möglichst lange und erfolgreich in seiner neuen Position bestehen möchte. Viele nützliche Hinweise können hier entnommen werden, die zum professionellen und routinierten Auftreten als neuer Chef beitragen und entscheidend dabei helfen können, die eigene Vorgesetztenposition nachhaltig zu festigen.

Fazit

Die Resonanz auf das Buch war geradezu euphorisch. Dies spricht dafür, dass Ralph Frenzel mit seinem nützlichen Ratgeber nicht nur eine Wissenslücke schließen hilft, sondern vor allem auch den richtigen Ton getroffen hat und dazu beiträgt, neuen Führungskräften ein ganzes Stück weit ihre Unsicherheit zu nehmen. Das Buch sollte zur Pflichtlektüre in öffentlichen Verwaltungen, aber auch in privatwirtschaftlichen Unternehmungen werden.

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