Mehr rechtsextreme Verdachtsfälle bei der Bundeswehr

Der Militärische Abschirmdienst (MAD) ermittelt nach Auskunft der Bundesregierung aktuell in 431 rechtsextremen Verdachtsfällen bei der Bundeswehr. Das geht aus einer Antwort des Verteidigungsministeriums auf eine Parlamentsanfrage hervor, über die die Zeitungen der Funke-Mediengruppe berichten. 289 Fälle stammen aus dem Jahr 2017.

Seit Anfang diesen Jahres kamen bereits 23 Fälle hinzu. Die restlichen Fälle stammen aus den Jahren vor 2017. Zum Vergleich: Vor einem Jahr ging der Geheimdienst der Bundeswehr nur 275 rechtsextremen Verdachtsfällen nach. Die Linke fordert die Regierung zum Handeln auf. „Die Bundeswehr hat ein Rechtsextremismus-Problem“, sagte Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, die die Anfrage stellte, den Funke-Zeitungen. „Anstatt die Augen davor zu verschließen, muss die Bundesregierung endlich Maßnahmen ergreifen, die den braunen Sumpf in der Truppe austrocknen.“ Zudem zeigten manche Kommandanten „eindeutig zu viel Milde“. Besonders unverständlich sei ihr, wenn bereits die Entlassung eingeleitet sei, der Soldat aber bis dahin noch Zugang zu einer Waffe habe. Jelpke: „Wer ein Hakenkreuz schmiert, muss rausfliegen, und eine Waffe darf er nicht mehr in die Hand bekommen.“ Es müsse überall in der Bundeswehr null Toleranz für Neonazis und „Reichsbürger“ gelten. Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels (SPD), hatte in seinem Jahresbericht 162 Fälle von Extremismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit in der Truppe gemeldet (Vorjahr: 63). Mehrere dieser Soldaten hatten, nachdem ihr Verhalten gemeldet wurde, noch Zugang zu Waffen. Das Papier der Bundesregierung gibt nun Auskunft über diese 162 Fälle. Einige Soldaten riefen „Heil Hitler“, manche hörten Bands aus dem rechten Spektrum, andere ritzten Hakenkreuze in Tische. Ein Soldat rief einem Kameraden mit „entsprechendem Hauttyp“, wie es im Papier heißt, hinterher: „Verpiss Dich, Du Schwarzkopf!“ Andere Fälle werden in dem Papier ausführlicher beschrieben: So sagte ein Bundeswehrsoldat einem ihm unterstellten Soldaten: „Sie und ich brauchen nur noch die Gelbfieberimpfung für Mali und dann gehen wir nach Mali und schießen den Schwarzen die Köpfe weg.“ Nach dieser und ähnlichen Aussagen liefen Ermittlungen der zuständigen Staatsanwaltschaft wegen Volksverhetzung, die jedoch später eingestellt wurden. Der Soldat hatte laut dem Regierungspapier nach dem Vorfall weiterhin Zugang zu Waffen, erteilte als Vorgesetzter Befehle und wurde als Ausbilder eingesetzt. Ein anderer Soldat bezeichnete während eines politischen Bildungsseminars der Bundeswehr Flüchtlinge als „Krankheit“ – „und diese Krankheit gilt es auszurotten“. Zudem stellte er die Schuld Deutschlands am Zweiten Weltkrieg in Frage. Die Alliierten hätten angefangen, so der Soldat. Der MAD wurde eingeschaltet, gab den Fall an die zuständige Staatsanwaltschaft ab, die die Ermittlungen mit dem Verdacht auf Volksverhetzung später einstellte. Jelpke sieht auch etwas Positives in den gestiegenen Zahlen: „Es gibt immer mehr Soldaten, die bereit sind, rechtsextremes Verhalten ihrer Kameraden nicht stillschweigend hinzunehmen.“ Diese Soldaten gelte es zu unterstützen. Doch die Bundeswehrführung mache das Gegenteil, wenn sie die Hakenkreuzschmierer in der Truppe lasse. Der Fall Franco A. könnte Soldaten dafür sensibilisiert haben, rechtsextrem auftretende Kameraden zu melden. Vor einem knappen Jahr war der rechtsextreme Oberleutnant aufgeflogen. Er soll sich eine zweite Identität als Flüchtling verschafft und einen Anschlag geplant haben.

Foto: Bundeswehr-Soldaten, über dts Nachrichtenagentur

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