DIW-Chef: Weitere Zinssenkung durch EZB nicht effektiv

Berlin – Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hält eine weitere Zinssenkung vonseiten der Europäischen Zentralbank (EZB) für nicht effektiv. „Der Effekt auf die Refinanzierungsbedingungen der Banken und die Liquidität wäre sehr gering“, sagte Fratzscher im Interview mit dem „Handelsblatt“ (Donnerstagausgabe). „Das Problem, dass die Geldpolitik viele Unternehmen in den Krisenländern nicht erreicht, liegt sicher nicht an zu hohen Zinsen, sondern an den Problemen der Banken und weiterhin hohen Risiken“, ergänzte der Wissenschaftler, der sich in seinen Forschungen vor allem der europäischen Schuldenkrise gewidmet hat.

Fratzscher ist zudem der Ansicht, dass eine Zinssenkung nicht nur als positives Signal verstanden werden könnte: „Märkte und Unternehmen könnten sie so interpretieren, dass die EZB sich weit größere Sorgen um die konjunkturelle Situation im Währungsgebiet macht als erwartet.“ Die EZB, so Fratzscher, „mag es daher als weise erachten, sich den wenigen Spielraum, den sie auf der Zinsseite noch hat, für eine schwierigere Situation aufzusparen“. Seiner Einschätzung nach bleibt der mittelfristige Konjunkturausblick trotz zuletzt schlechterer Nachrichten unter dem Strich positiv. Die Geld- und Krisenpolitik der EZB hält Fratzscher trotz aller Kritik wie etwa zuletzt vonseiten der Deutschen Bundesbank in ihrem Gutachten für das Bundesverfassungsgericht für rechtskonform: „Die Juristen des Eurosystems und der EZB haben sicherlich sehr gründlich analysiert, um sicherzustellen, dass alle Entscheidungen konsistent mit dem geltenden europäischen Recht sind. Dazu gehört auch und vor allem die Rechtslage in Deutschland. Ich erwarte daher, dass das Bundesverfassungsgericht keinen Einwand gegen die bisherige Politik der EZB vorbringen wird.“

Foto: EZB, über dts Nachrichtenagentur

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