IWF-Chefin: Deutschland muss mehr tun für Frauen und Jüngere

IWF-Direktorin Christine Lagarde fordert eine neue Bundesregierung auf, die Chancen von Frauen und jüngeren Menschen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. Der „Süddeutschen Zeitung“ (Samstagsausgabe) sagte sie, nötig seien „erhebliche Investitionen, um die Produktivität zu steigern, beispielsweise in die Infrastruktur“. Damit meine sie nicht nur mehr Brücken, Straßen oder digitale Netzwerke, sondern auch Investitionen in Bildung und in die Jugend.

Frauen müssten in den Arbeitsmarkt gebracht werden, „um dazu beizutragen, das Problem der alternden Gesellschaft zu lösen“. In Deutschland gingeb zwar mehr Frauen als zuvor arbeiten, aber meist in Teilzeit und zu niedrigeren Löhnen. „Auch das muss sich bessern“. Die Nominierung von Andrea Nahles als erste weibliche Kandidatin für den SPD-Vorsitz sei für sie „wahrlich keine Überraschung“ gewesen. „Es war schon immer meine Überzeugung, dass Frauen in schweren Zeiten gerufen werden. Wenn die SPD jetzt endlich eine Frau nominiert, dann wohl deshalb, weil sie neue Energie braucht und wieder stark werden muss“. Deutschland befindet sich in einem Wandel, sagte die IWF-Chefin. Auf die neue Bundesregierung sieht sie „riesige Herausforderungen“ zukommen. „Klimawandel, Steuerflucht oder Überalterung machen vor nationalen Grenzen nicht halt“, sagte sie. Hinzu kämen die Probleme von massenhafter Migration, die wirtschaftliche Stabilität und Sicherheit gefährden könnten. Lagarde nimmt erstmals auch an der Münchner Sicherheitskonferenz teil. Lagarde räumte ein, dass die „MeToo“-Debatte über sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz auch den IWF erreicht hat. „Jeder in der Organisation, vom Topmanagement bis zu den Mitarbeitern, sollte daran beteiligt sein sexuelle Belästigung oder Mobbing am Arbeitsplatz anzusprechen“, sagte sie. Der IWF beschäftige Menschen aus mehr als 150 Ländern. „Wir haben festgestellt, dass wir alle verstehen müssen, dass es Unterschiede gibt. Deshalb stellen wir uns der Lage und überprüfen, wo erforderlich, wie wir zusammen arbeiten, damit wir als Institution noch besser werden können“. Endlich sei die Debatte über sexuelle Belästigungen am Arbeitsplatz in Gang gekommen. „Jetzt bahnt sich die Wut ihren Weg“, sagte sie. Dabei dürfe es aber nicht bleiben. „Diese Gefühle müssen jetzt in Aktionen umgewandelt werden“. Männer müssten sich beteiligen. „Es ist wichtig, dass sich Männer nicht an die Seite geschoben fühlen oder genervt sind. Und lassen Sie uns ehrlich sein: es gibt sicherlich auch Männer, die sexuell belästigt wurden“. Mit Blick auf Europa forderte sie, die Währungsunion müsse vollendet werden. „Dazu gehören auch die gemeinsame Einlagensicherung und eine gemeinsame Letztsicherung für die Abwicklung von Banken“. Der IWF plädiere auch „für eine Art Fiskalkapazität für die makroökonomische Stabilisierung der Eurozone“. Zwar würden darüber „manche nicht erfreut sein und sagen, ach, hier sind jetzt die Transfers. Natürlich funktioniert der Euro-Haushalt oder die Stabilisierungskapazität nur, wenn sich alle Länder verpflichten, sich an die Haushaltsregeln zu halten“. Lagarde geht davon aus, dass das griechische Programm im August beendet wird. Das sei aber nicht das Ende der Geschichte. „Die Europäer haben sehr viel Geld in Griechenland investiert und deshalb ein berechtigtes Interesse daran, dass Athen weitermacht mit Reformen und liefert, was es versprochen hat“. Lagarde will derzeit nicht nach Europa auf einen Spitzenjob wechseln. „Ich habe eine Vereinbarung mit dem IWF“, sagte sie. Allerdings habe Europa in der gegenwärtigen geopolitischen Lage “ eine herausragende Verantwortung für den Rest der Welt. Wenn der IWF helfen kann, werden wir das tun“.

Foto: Christine Lagarde, über dts Nachrichtenagentur

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