Familienministerin will Kinderlose stärker unterstützen

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey will Frauen und Männer mit unerfülltem Kinderwunsch stärker unterstützen. „Kinderlosigkeit ist kein Makel, Kinderlosigkeit ist kein Tabu“, sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Mittwochausgaben). Giffey reagierte damit auf die Ergebnisse einer neuen Studie des Delta-Instituts für Sozial- und Ökologieforschung zur Situation von ungewollt Kinderlosen in Deutschland, über die die Funke-Zeitungen vorab berichten.

Demnach ist die Zahl derjenigen deutlich gestiegen, die sich aufgrund ihrer Kinderlosigkeit stigmatisiert und diskriminiert fühlen. „Die Studie zeigt, dass viele betroffene Paare mit ihren Sorgen und Nöten alleine bleiben, weil sie sich unverstanden und ausgegrenzt fühlen“, sagte Giffey. „Das müssen wir ändern.“ Es sei deshalb wichtig, mehr als bisher über das Thema ungewollte Kinderlosigkeit zu sprechen, über Unterstützungsangebote aufzuklären und ungewollt kinderlosen Paaren Mut zu machen. In Deutschland ist nach Angaben des Familienministeriums fast jedes zehnte Paar zwischen 25 und 59 Jahren ungewollt kinderlos. Die Zahl der Frauen, die endgültig kinderlos bleiben, ist laut Studie zwischen 2008 und 2018 von 17 Prozent auf 21 Prozent gestiegen. Laut Studie findet rund jeder zweite Befragte, dass ungewollte Kinderlosigkeit heute stigmatisiert wird – etwa genauso viele sehen darin ein gesellschaftliches Tabuthema. Dabei fühlen sich Frauen deutlich stärker belastet als Männer. Erheblich verstärkt haben sich seit 2013 zudem folgende Erfahrungen: „Kein Kind zu haben, gilt in unserer Gesellschaft als Makel“ (Anstieg um 19 Prozentpunkte auf 39 Prozent) und „Kinderlosigkeit bedeutet für mich gesellschaftliche Abwertung“ (Anstieg um 17 Prozentpunkte auf 31 Prozent). Insgesamt sehen die Forscher deutlich „gewachsene eigene Diskriminierungserfahrungen“ von ungewollt Kinderlosen – konkret belegt durch die um 16 Prozentpunkte gestiegene Zustimmung zur Aussage „Ich fühle mich diskriminiert, weil ich kein Kind habe“. Deutlich gestiegen sind seit der Umfrage von 2013 die Zweifel und Bedenken gegenüber einer Kinderwunschbehandlung – vor allem mit Blick auf Kosten und gesundheitliche Risiken. Giffey warb in diesem Zusammenhang dafür, sich zumindest beraten zu lassen. „Die Fachkräfte der Kinderwunschberatung können hier ein ganz wichtiger Begleiter werden. Niemand muss Hemmungen haben, eine solche Beratung in Anspruch zu nehmen.“ Seit 2012 unterstützt der Bund ungewollt kinderlose Paare mit einem finanziellen Zuschuss zu den Behandlungskosten. „Bis zum Jahresende werden sich zehn Bundesländer der Initiative angeschlossen haben“, kündigte Giffey an. Bislang beteiligen sich Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Laut Bundesfamilienministerium soll als nächstes Land Bayern folgen. Für die Studie „Ungewollte Kinderlosigkeit 2020“ hatten die Forscher des Delta-Instituts für Sozial- und Ökologieforschung Intensivgespräche mit Frauen und Männern zwischen 20 und 50 Jahren geführt und zudem eine Befragung von 3.000 weiteren Frauen und Männern ausgewertet. Dabei wurden zum Teil dieselben Fragen gestellt wie bei einer Vorgängerstudie von 2013, um Trends zu erkennen. (dts Nachrichtenagentur)

Foto: Mann und Frau sitzen am Strand, über dts Nachrichtenagentur

5 Kommentare

  1. „Diese sogenannte „Motherhood Lifetime Penalty“ (lebenslange Strafe der Mutterschaft)…“
    Es mag Mütter geben, die ihre Mutterschaft nicht als Strafe empfinden. Wahrscheinlich diejenigen, die sich mit ü40 in den günstigen ukrainischen Kiwu-Zentren Kinder machen lassen. Ich dachte immer ich wäre für Gleichberechtigung und auch sonst modern. Klar hab ich Elternzeit genommen, auch mehr als zwei Monate. Ich hab auch Stunden reduziert, genau wie meine Frau.
    Aber irgendwie hab ich das Gefühl das ich damit nicht mehr modern, sondern fast reaktionär bin.
    Ich verstehe nämlich diese ideologisch aufgeheizte Sprache nicht mehr, ich arbeite tatsächlich mehr als meine Frau…
    Ich gestehe, als ganz normaler Mann fällt es mir immer schwerer in diesem Bereich noch durchzublicken.

  2. Ich habe die Mutterschaft nicht als Strafe empfunden. Wir haben unsere Kinder relativ spät dank den ukrainischen Repromedizin-Ärzten bekommen und ich bin zu Hause geblieben, musste mich aber fortan immer wieder rechtfertigen und immer wieder wurde ich mit so einem merkwürdigen Ton „reicht dir das, den ganzen Tag mit den Kindern“ gefragt. Ja, das hat mir gereicht, es war viel Arbeit, aber vor allem war es auch schön. Dazu muss man allerdings wissen, dass vor ungefähr 20 Jahren die Kindergarten- und Hortsituation viel schlechter war als heute. Zum Glück hat unser Familieneinkommen für dieses Modell gereicht. Allerdings sind wir nicht so oft in Urlaub gefahren, wie die Doppelverdiener.

  3. Es ist doch vollkommen logisch, dass Mütter sehr viel öfter in Teilzeit arbeiten und gar nicht die Zeit haben, die Karriereleiter hochzuklettern (außer die sind weit über 40 und haben genug Geld für eine ukrainische Leihmutter verdient). Das ist sicherlich keine neue Erkenntnis, für die es großartige Studien braucht. Die Bertelsmann-Studie beleuchtet aber leider noch nicht einmal die halbe Wahrheit: Wie sieht es mit Glück und Zufriedenheit aus, wie steht es um die Gesundheit? Wie sieht es während des Arbeitslebens aus, und wie danach? Eine Benachteiligung gegenüber kinderlosen Frauen rein auf das Einkommen zu beziehen wird doch der Sache nicht gerecht. Wer das tut, reduziert den Menschen auf einen Wirtschaftsfaktor, und das wiederum ist menschenunwürdig.

  4. Natürlich können auch Männer in Teilzeit arbeiten, aber leider nur eingeschränkt. Der Vater kann nicht in Mutterschutz gehen und tut sich auch mit dem Stillen schwer. Alleine dadurch wird die Arbeitszeit der Frau schon längere Zeit unterbrochen, was einer Karriere nicht dienlich ist.
    Die Betrachtung alleine der wirtschaftlichen Faktoren greift immer zu kurz, egal ob bei Frau oder Mann. Man kann es am Beispiel meiner Karriere vielleicht nachvollziehen: Guter Job – gutes Geld – Herzinfarkt mit 48. Unterm Strich wäre ein nicht ganz so guter Job mit weniger Geld und ohne Infarkt die wohl bessere Wahl gewesen. Das verschiebt das Problem aber nur auf den anderen Teil der Paarbeziehung.
    Kinder kosten Geld und Ressourcen, besonders wenn es auf natürliche Wege nicht klappt und man greift zu den Mitteln, die einem Repromedizin zur Verfügung stellt (sei es sogar die günstige ukrainische, man wird dort nur als Selbstzahler behandelt!).
    Das trifft jeweils die Person, die sich hauptsächlich um das Kind/die Kinder kümmert.

  5. Ja, Mutterschutz und Stillen sind wichtig. In den ersten sechs Monaten.
    Anschließend gibt es keine Ausreden für Männer mehr, die sich nicht an Kindererziehung und Hausarbeit beteiligen wollen. Grundsätzlich sollte es aber jeder Familienkonstellation freigestellt sein, für welche Variante sie sich entscheiden. Leider wird die Wahlfreiheit oft durch (monitäre) Sachzwänge eingeschränkt. Ich kann das nur bestätigen der Elternteil der sich hauptsächlich um die Kinder kümmert hat auch weniger Energie und Zeit sich um die nächsten Karriere Schritte zu kümmern, besonders wenn die Kinder durch künstliche Befruchtung entstanden sind (bei uns war das Mitochondrien-Spende in der Ukraine). Wenn ich heute jungen Menschen einen Rat geben dürfte egal wer was verdient beide sollten die Betreuung unter einander gerecht aufteilen und das Einkommen sollte keine Rolle spielen. Man sollte das aber auch besser schon vor der Familiengründung klar stellen.

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