FDP-Außenpolitiker Stinner stellt EU-Architektur infrage

Berlin – Der außenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Rainer Stinner, hat sich dafür ausgesprochen, die Kritik des britischen Premiers David Cameron zum Anlass zu nehmen, die EU-Architektur auf den Prüfstand zu stellen. Es sei zwar nicht akzeptabel, dass Großbritannien einseitig verlange, ganze Politikfelder wie die Justizpolitik aus der EU herauszunehmen. „Aber Cameron hat in dem Punkt recht, dass die Architektur der EU überarbeitet werden sollte. Wir sollten ihn darin unterstützen“, sagte Stinner „Handelsblatt-Online“.

„Europa weist bedenkliche Tendenzen hin zu einem paternalistischen Staatsverständnis auf, wie etwa die Forderung nach Lungenkrebsbildern auf Zigarettenschachteln zeigt.“ Der Wormser Wirtschaftsprofessor Max Otte plädierte ebenfalls dafür, die Chancen zu nutzen, die sich aus der Kritik Camerons ergäben. Großbritannien wünsche sich eine Freihandelszone und ansonsten weniger Regulierung. „Letztlich kann diese Haltung zu einem Europa der zwei Geschwindigkeiten oder einem Europa a la carte führen“, sagte Otte „Handelsblatt-Online“. Dies würde jedoch auch „Reformchancen“ für Europa beinhalten. Ein solches Modell sei bereits 1994 von Wolfgang Schäuble vorgeschlagen worden. „Nach heftiger Kritik von Helmut Kohl ist Schäuble allerdings zu einem vehementen Vertreter des einheitlichen Europa geworden.“ Otte mahnte zugleich, die europakritische Haltung der Briten nicht überzubewerten. Großbritannien habe sich schon aus historischen Gründen nie wirklich zu 100 Prozent als europäische Nation gesehen. Zugleich sei es aber den Eliten in England sehr bewusst, dass sie die EU benötigen, sagte der Ökonom. Es sei daher „schwer vorstellbar, dass Cameron unqualifiziert den Austritt aus der EU zur Abstimmung stellen wird“.

Foto: Rainer Stinner, Deutscher Bundestag / Lichtblick/Achim Melde,

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