Grossverteiler: einmal Mittelalter und zurück

WürfelZürich – War es einst der Graf von Herberstorff, der während des Glaubenskriegs Bauernvertreter, Räte und Dorfvorsteher zum Würfelspiel zwang, sind es heute Coop, Migros und Co. Gewann im Mittelalter die höchste Zahl, verliert sie heute. Ging es beim Würfelspiel des Grafen um Kopf und Kragen des Betroffenen, begnügen sich die Einkaufsketten mit einem Blick in die Taschen. Wer die höchste Zahl würfelt, wird durchsucht, zumindest die Taschen, denn hinter der Sechs könnte sich ein Dieb verbergen. Vom Mittelalter in die Gegenwart scheint es kein allzu großer Schritt zu sein.

Es darf gewürfelt werden

In den Filialen der Coop-Töchter Import Parfumerie und Christ Uhren+Schmuck sind die Mitarbeiter eingeladen, täglich zu würfeln. Doch wer glaubt, es handle sich um ein geselliges Spiel, der irrt. Nach Dienstschluss muss jeder Mitarbeiter zum Würfel greifen. Wer eine Sechs wirft, darf sich vom Filialleiter höchst persönlich kontrollieren lassen. Für die Gewerkschaft Syna ist die Sachlage klar: Diebstähle müssen vermehrt aufgetreten sein, damit regelmäßige Taschenkontrollen gerechtfertigt seien. Pepo Hofstetter von der Gewerkschaft Unia schließt sich der Meinung an: „Das Auswürfeln durch die Mitarbeiter ist eine unakzeptable Methode und gehört abgeschafft!“. Doch: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser, auch wenn Coop-Sprecher Ramon Gander erklärt: „Es kommt selten zu Diebstählen Die ganz große Mehrheit unserer Mitarbeiter ist ehrlich.“ Weiter meint er, Kontrollen und Präventionsmaßnahmen seien eben notwendig. Also wird weiterhin gewürfelt. Alea jacta est. Wenn ein Sechser fällt, gilt es, die Taschen auszuleeren. Die Gesetzeslage ist umstritten. Da erst das Würfelergebnis über eine Kontrolle entscheidet, kann weder von einer regelmäßigen noch gleichmäßigen Kontrolle gesprochen werden, die wäre jedoch erlaubt, aber nur, wenn Diebstähle vermehrt aufgetreten sind.

Auch bei der Konkurrenz wird gewürfelt

Migros scheint die Methoden seines Konkurrenten Coop bereits übernommen zu haben. Zumindest wird täglich in der Filiale am Limmatplatz gewürfelt. Für die Mediensprecherin von Migos, Monika Weibel, eine klare Angelegenheit: „Die Angestellten versammeln sich nach Feierabend um einen Tisch und die Person, die eine bestimmte Zahl würfelt, wird kontrolliert.“ Regelmäßig, doch ohne Würfelhilfe, wird auch bei der Warenhauskette Manor kontrolliert, durch eine externe Sicherheitsfirma beim Verlassen des Hauses. Dass es auch ohne derartige Maßnahmen geht, beweist etwa Valora. Hier wird der Blick in die Tasche nur riskiert, wenn Unregelmäßigkeiten aufgetaucht sind oder ein konkreter Betrugsverdacht besteht. Bei Aldi Suisse, erklärt Pressesprecher Philippe Vetterli, würden keine regelmäßigen Kontrollen durchgeführt. Auch der Lebensmittelhändler Volg verzichtet darauf. Hier scheint der Betrieb auch ohne mittelalterliche Würfelmethoden gut zu funktionieren.

Ein Kommentar

  1. Interessante Idee das Gesetz durch Würfeln, also eine zufällige statistische Wahrscheinlichkeit, zu umgehen. Frage mich, wer sich das ausgedacht hat, und wie er darauf gekommen ist.

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