Fußball WM 2018: Bekommt Russland sein Hooligan-Problem in den Griff?

In etwas mehr als 2 Monaten startet die Fußball-Weltmeisterschaft in Russland. Vom Bundeskriminalamt werden Bedenken in Hinsicht auf die Sicherheit beim Turnier geäußert. Wie die „Bild“-Zeitung in seiner Dienstagsausgabe unter Berufung eines vertraulichen Papiers des BKA berichtet, wird von einer hohen Gefahr ausgegangen, vor allem durch radikale Islamisten. So soll es in dem sogenannten Gefährdungslagebild heißen, dass die islamistischen Strukturen in einigen Landesteilen sowie die hohe Zahl der russischstämmigen IS-Kämpfer dafür sorgen würden, dass es zu einer besonderen Gefährdungslage kommt.

Zudem ist bekannt, dass ein Teil der russischen Fan-Szene für ihre Gewaltbereitschaft und Rassismus bekannt sei. Schon im Frühjahr 2017 wurde von den russischen Hooligans ein „Festival der Gewalt“ angekündigt. Demnach rechnen die Ermittler nicht mit der Anreise einer größeren Anzahl deutscher Hooligans. So würde zum einen die unattraktive Auslosung sowie die russischen Gesetzesverschärfungen dafür sorgen, dass viele Hooligans abgeschreckt sind.

Brutale Angriffe bei der EM 2016 sorgen für Entsetzen

Bei der Europameisterschaft 2016 in Frankreich sorgten die brutalen Angriffe russischer Hooligans auf englische Fans in ganz Europa für Entsetzen. Während der blutigen Straßenschlachten in Marseille wurden 35 Menschen verletzt, bei denen es sich zum größten Teil um englische Fans handelte und von denen einer über Stunden in Lebensgefahr schwebte. Seit der WM 1998 handelte es sich dabei um die schwersten Ausschreitungen im internationalen Fußball.

Genau das sind die Bilder, die sich eingebrannt haben. Doch die russischen Behörden wollen mit einer harten Linie eben solche Bilder vermeiden. Es hat den Anschein, dass die Zeiten vorbei sind, als von Duma-Abgeordneten die Schlagkraft der russischen Fans gefeiert wurde. Es ist häufig zu hören, dass das Turnier viel zu wichtig sei für die Außendarstellung, auch von Präsident Wladimir Putin. Dieser hat sich erst kürzlich mit einem Rekordergebnis erneut sein Amt bestätigen lassen. Immer wieder wird von den Kommentatoren auf den friedlichen Verlauf des Confederations Cup 2017 hingewiesen.

Die Gesetze waren rechtzeitig zu dieser Generalprobe für die WM 2018 verschärft worden. Diese enthalten monatelange Haftstrafen für Rowdys, Stadionverbote sowie hohe Geldbußen. Beim Confed Cup gab es keinerlei Krawalle.

Die „schwarze Liste“ für auffällig gewordene Fans

Inzwischen sind mehr als 400 Fans auf der schwarzen Liste der Behörden zu finden, die früher auffällig geworden sind. Alle Störer sind im Klarnamen im Internet zu finden – als Abschreckung. Von WM-Cheforganisator Alexej Sorokin wurde zudem angekündigt, dass diejenigen über die ein Stadionverbot verhängt wurde auch nicht hineingelangen werden.

Der Auslöser für die harte Linie die von den russischen Behörden verfolgt wird, sind die Krawalle der russischen Hooligans bei der EM 2016. Bald nach der EM wurde einer der mutmaßlichen Rädelsführer, Alexander Schprygin, demonstrativ vor laufenden Kameras auf einer Hoteltoilette vorübergehend festgenommen. Zudem wurde seine allrussische Fanvereinigung vom russischen Fußballverband suspendiert. Schprygin, der ein Fan von Dynamo Moskau ist, gilt als einer der führenden Köpfe in der russischen Ultra-Szene und soll zudem gute Verbindungen in die Politik haben.

Kampfname „Kamantscha“ – ein zahmer Fanclub-Chef

Alexander Schprygin, dessen Kampfname „Kamantscha“ lautet, präsentiert sich zur WM als zahmer Fanclub-Chef. Der 40-Jährige erklärte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur, dass er der Ansicht ist, dass das Sicherheitsniveau in Russland sehr hoch sein würde. Eben aus diesem Grund sei etwas Größeres wie das in Marseille völlig unmöglich. Ausgesucht hat sich „Kamantscha“ für das Gespräch über Fan-Gewalt einen Ort, dessen Name doch Ironie ausstrahlt „Brawler’s Pub“. Dabei handelt es sich um eine schummrige Bar im Südwesten von Moskau und heißt übersetzt so viel wie die „Kneipe der Streithähne“.

Im Gespräch erzählt Schprygin, dass die Polizei die russischen Fans seit langen genau im Blick habe und es bereits beim kleinsten Vorfall zu Verhören kommt. Er erklärt, dass die Polizei sehr hart auf alle Verstöße reagiert und eben deshalb kann er keine Gefahr für die ausländischen Gäste ausmachen. Aber von ihm wird auch nicht verschwiegen, dass es doch hin und wieder in der russischen Fußball-Kultur etwas ruppiger zugeht. Der 40-jährige erzählt, dass die Fans einen gesunden Lebensstil pflegen würden: „Sie gehen ins Fitnessstudio, machen Kampfsport, solche Dinge“.

Das Hooligan-Bild aus den 1980er Jahren stimmt nicht mehr

In den 1980-iger Jahren wurde das Bild vom saufenden, übergewichtigen Schläger durch die Auftritte der englischen Hooligans geprägt – auch in Russland. Aber das entspricht längst nicht mehr der Wahrheit. Dieses Bild stößt vielmehr auf Verachtung in der Fan-Szene, die oftmals ultranationalistisch bis rechtsextrem geprägt ist. Häufig sind in den Stadien rechtsradikale Symbole zu sehen und immer wieder kommt es zu Übergriffen von Fußballfans auf Migranten aus dem Kaukasus oder Zentralasien.

Das Organisationskomitee betont jedoch stets, dass es nicht notwendig sei, dass Sicherheitskonzept bei der WM zu verändern, da alle Szenarien für alle möglichen Arten von Angriffen berücksichtigt wurden. Doch ein Problem bleibt bestehen: der Rassismus in Russland. Früher war auch Schprygin durch rassistische Äußerungen aufgefallen. Der Ruf der Fremdenfeindlichkeit belastet den Ruf der russischen Fankultur. So bekommen immer wieder dunkelhäutige Spieler in der Liga diese zu spuren und auch die Akteure von ausländischen Mannschaften klagten bei Europapokalspielen über „Affenlaute“ aus dem Fanblock. Ein Beispiel ist der amtierende Meister Spartak Moskau. Dieser hatte vor wenigen Monaten einen Rüffel von der FIFA für ein Video erhalten, wo der Verein zwei seiner eigenen brasilianischen Spieler als „Schokoladen“ bezeichnet hatte.

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