Windkraft – die größte Stromquelle Europas in der Krise

Der Bau Tausender Windräder wird trotz Klimakrise, wird durch langwierige Genehmigungen, dem Flugverkehr und den Klagen von Naturschützern blockiert. Daher sucht die Windbranche nach Auswegen, damit die Windkraft ihre alte Stärke wieder erhält.

Während im Jahr 2016 9.000 Megawatt (MW) Windkraft genehmigt wurden, kam es in den anschließenden Jahren zu einem starken Einbruch auf lediglich 1.400 MW jährlich. In diesem Jahr beklagte die Windbranche das ausbauschwächste erste Quartal im neuen Jahrtausend. Allerdings bedarf es eines jährlichen Zubaus von 4.700 MW, um die deutschen Klimaziele zu erreichen, wie vom Bundesverband „Erneuerbare Energien“ errechnet wurde. Hilfreich wären kurzfristig die 11.000 MW Windenergieleistung, die aktuell in Genehmigungsverfahren feststecken, das Klagen und Widerspruchsverfahren diese ausbremsen. Für Unternehmen wie bspw. www.ortlieb.net, die unter anderem Antriebstechnik und Individuallösungen für Windkraftanlagen bieten, heißt es entsprechend „abwarten“.

Was im Ausland funktioniert, wie hierzulande ausgebremst

Die Skepsis in Deutschland gegenüber der Windkraft steigt kontinuierlich. Das bedeutet keinesfalls den Stillstand der Branche, denn diese will weiterwachsen und 2027 die größte Energiequelle Europas bereitstellen. Im vergangenen Jahr zeigt sich der Chef der internationalen Energieagentur Fatih Birol auf dem „Global Wind Summit“ in Hamburg einmal mehr als Meister des Vortrags. Er malte die Perspektiven der globalen Windkraft-Industrie mit hellen Farben auf einem düsteren Hintergrund.

Von seiner Seite hieß es, dass dem internationalen Klimaschutz eine Enttäuschung bevorstehe, da die Zahlen zum globalen CO2-Ausstoß nicht gut aussäen. Laut seiner Aussage stiegen in den ersten acht Monaten von 2018 die CO2-Emissionen weltweit weiter an. Damit haben sich die Hoffnungen, dass es in den Jahren 2014 bis 2016 zu einer Trendwende im globalen Klimaschutz kommt, nicht erfüllt.

Eben vor diesem Hintergrund machen die Wachstumsprognosen für die europäische Windkraftindustrie noch mehr Hoffnung. Die Windenergie würde laut den aktualisierten IEA-Zahlen „in weniger als 10 Jahren zu Europas größter Stromquelle“ wachsen. Nach Aussage von Birol werde die Windkraft spätestens ab 2027 rund 20% der europäischen Stromlieferungen ausmachen und damit die Kohlekraftwerke überholt haben.

In den ersten drei Quartalen stand die Windenergie für rund 11,6% der europäischen Stromproduktion. Trotz der langsameren Wachstumsraten könnte die Windenergie bis zum Jahre 2040 in Europa sich auf 1100 Terawattstunden verdreifachen. Möglich ist dieses Wachstum allerdings nur dann, wenn die Länder stark in die Flexibilität und Aufnahmefähigkeit ihrer Stromnetze investieren.

Die Ausbauschwierigkeiten der Windkraftanlagen in Deutschland

Der Abteilungsleiter Energie im Bundeswirtschaftsministerium, Thorsten Herdan erklärte, dass die Windindustrie ihre Startphase abgeschlossen habe. In der beginnenden Phase 2 geht es um die effiziente und sichere Integration des Windstroms ins Versorgungssystem. Erste Projekte wurden auf der Hamburger Messe diskutiert. In diesen Diskussionen drehte es sich speziell um die Offshore-Windparks in der Nordsee, die ausschließlich der Wasserstoff-Produktion dienen sollen.

Dagegen waren die Ausbauschwierigkeiten an Land kaum ein Thema. Vor allem im dicht besiedelten Deutschland ist der Widerstand der Anwohner gegen neue Windkraftprojekte hoch. Ebenfalls versuchen Wald- und Naturschützer immer öfter die Windkraftprodukte juristisch zu verhindern.

Die meisten Klagen und Beeinträchtigungen stammen vom Flugverkehr in Niedersachsen und NRW. Erst kürzlich wurde in Nordrhein-Westfalen im Zusammenhang mit dem neuen Landesentwicklungsplan der Ausbau der Windkraftanlagen weiter eingeschränkt. Neue Windräder müssen demnach künftig einen Mindestabstand von 1,5 Kilometer zum nächsten Wohnhaus einhalten. Ähnliche Regelungen sind in Bayern zu finden, wo der Mindestabstand das Zehnfache der Höhe der Windanlagen beträgt. Somit muss eine Anlage mit einer Höhe von 100 Metern mindestens 1.000 Meter Abstand zum nächsten Wohngebäude wahren.

Dehnt sich diese Regelung in Deutschland aus, dann würde dies das faktische Ende des Windkraftausbaus hierzulande bedeuten, wie der BWE warnt. Aus diesem Grund müssten die Landesregierungen generell auf pauschale Abstandsregelungen verzichten. Besser wäre es, die Abstände individuell auf Grundlage des Bundesimmissionsschutzgesetzes festzulegen. In diesem geht es vor allem um den Lärm, der als mögliche Beeinträchtigung anzusehen ist. Hierbei verweist der BWE jedoch auf vergangene Verfahren, in denen aufgezeigt wurde, dass keine größeren Abstände aufgrund von Lärmbelästigung erforderlich seien.

Ein faktischer Ausbaustopp in NRW

Die Experten rechnen damit, dass durch die neuen Einschränkungen in NRW rund 80% des Windkraft-Potenzials nicht genutzt werden kann. Denn es dürften dadurch zu wenige Flächen für neue Windkrafträder zur Verfügung stehen. Dabei handelt es sich eigentlich um einen starken Widerspruch zu der ebenfalls neuen Energiestrategie der Landesregierung, die vorsieht, dass bis 2030 die installierte Leistung von Wind und solar auf 10,5 bzw. 11,5 Gigawatt verdoppelt werden soll.

Unklar ist, wie das mit dem neuen Landesentwicklungsplan gelingen oll. Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) beteuert, dass die Ziele trotzdem erreichbar seien, und zwar durch Repowering. Das heißt, alte Windräder werden gegen neue leistungsstärkere Anlagen ausgetauscht. Aber diese müssen dann den Abstand zu den Wohnbauten einhalten.

Damit droht der Windenergie in NRW ein faktischer Ausbaustopp, wie die Erfahrungen mit den Abstandsregeln in Bayern zeigen. Der Ausbau ist dort seit der Einführung der Abstandsregelung in 2014 um über 90% eingebrochen.

Der BWE verweist unter anderem auf die langwierigen Genehmigungsverfahren, die unter anderem an mangelnden (Fach-)Personal liegen. Daher sei eine fundierte Aufstockung des Personals in den zuständigen Behörden erforderlich und bei einer Fristenüberschreitung müsse es zu Sanktionen kommen. Denn per Gesetz müssen schließlich ausreichend Fläche zur Verfügung gestellt werden. Hier schlägt der BWE ein verbindliches Ziel vor: Pro Bundesland mindestens 2% bebauter Fläche.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert