Maas: Kinkel verfügte über „klaren Kompass“

Außenminister Heiko Maas (SPD) hat seinen verstorbenen Amtsvorgänger Klaus Kinkel (FDP) als „leidenschaftlichen Kämpfer für ein weltoffenes Land“ und „großen Europäer“ gewürdigt. „Klaus Kinkel verfügte über etwas, was selten war und ist in der Politik: einen klaren Kompass“, schreibt Maas in einem Gastbeitrag für die „Welt“ (Mittwochsausgabe). „Dieser Kompass half ihm dabei, das wiedervereinigte Deutschland neu zu verorten. Deutschlands Zukunft – das war für Klaus Kinkel klar – lag in einem vereinigten, freien und weltoffenen Europa.“

Für Kinkel sei das „eine Lektion aus den schrecklichen Verirrungen der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts“ gewesen. „Es war für ihn aber auch ein Gebot zukunftsweisender Politik – das weiß man, wenn man Klaus Kinkel, wie ich, in zwei Ämtern nachgefolgt ist.“ Dass das vereinte Europa nicht an Oder und Neiße enden dürfe, habe für Kinkel dabei immer außer Zweifel gestanden, schreibt Maas. „Die friedliche Vereinigung des Kontinents nach der jahrzehntelangen Trennung – sie war das Leitmotiv seiner Politik.“ Für Kinkel sei klar gewesen: Deutschland, das seine friedliche Wiedervereinigung einem zusammenwachsenden Europa, der transatlantischen Partnerschaft und seiner Einbindung in multilaterale Strukturen zu verdanken habe, müsse „dem Frieden in der Welt dienen“. Mit diesem Anspruch habe der FDP-Politiker die gesamtdeutsche Außenpolitik neu ausgerichtet. So seien in seine Zeit als Außenminister die ersten Auslandseinsätze der Bundeswehr gefallen. „Die Grundsatzentscheidung aus Karlsruhe zur Verfassungsmäßigkeit solcher Einsätze verstand er als Auftrag an Deutschland, sich seiner weltpolitischen Verantwortung zu stellen“, so Maas. „Das Versagen der Weltgemeinschaft angesichts der Völkermorde auf dem Balkan und in Ruanda, das ihn bis zu seinem Lebensende schmerzte, nahm er zum Anlass, konsequent für den Aufbau einer internationalen Strafgerichtsbarkeit einzutreten.“ Der Liberale habe das Gegenteil der Aussage „Ämter prägen Menschen“ bewiesen, schreibt Maas: „Er hat die von ihm bekleideten Staatsämter – als Vizekanzler, Außenminister, Justizminister, Partei- und Fraktionsvorsitzender, Präsident des Bundesnachrichtendienstes – durch seine Menschlichkeit geprägt.“ Protokollarischem „Pomp“ sei Kinkel stets mit Argwohn begegnet. Er „hatte eine besondere Gabe, offen und direkt auf Menschen zuzugehen. Diese Gabe wird uns fehlen in Zeiten wachsender gesellschaftlicher Polarisierung.“

Foto: Heiko Maas, über dts Nachrichtenagentur

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert