Kritische Reiseländer: wenn der Urlaub zum Albtraum wird

Urlaubskosten

Berlin – Raus aus dem nasskalten Deutschland, hin zu den schönsten Sommerparadiesen – diesen Plan haben zahlreiche Urlauber jedes Jahr für die Sommerferien. Doch Ruhe und Erholung wird derzeit in vielen Ländern vergebens gesucht: Demonstrationen in der Türkei, Putsch in Ägypten, Piraten vor Somalia, anti-deutsche Stimmung in Griechenland – Krisen und Krawalle sorgen bei Urlaubern für unerwünschte Spannungen. Welche Länder momentan kritisch sind, wie Gefahren vermieden werden können und was im Ernstfall unternommen werden muss, erläutern Tourismusexperte Prof. Dr. Bernd Schabbing und Reiserechtler Prof. Dr. Willi Joachim von der International School of Management (ISM).

Erste Anlaufstelle bei der Recherche nach Risiken im geplanten Urlaubsland ist das Auswärtige Amt. „Urlauber finden beim Auswärtigen Amt online alle Länder, für die das Amt eine Reise- oder eine Teilreisewarnung ausgesprochen hat. Momentan wird beispielsweise vor Reisen nach Mali, Haiti und Somalia gewarnt“, so Schabbing. Darüber hinaus hilft ein Blick in die tagesaktuelle Berichterstattung, denn auch ohne explizite Reisewarnungen dürfte der Urlaub in manchen Ländern derzeit wenig entspannt ausfallen. „Grundsätzlich sind solche Länder kritisch, in denen strukturelle, ethnische, religiöse oder politische Konflikte zu Problemen führen. Das gilt aktuell zum Beispiel für Ägypten, die türkisch-syrische Grenzregion und Ostafrika.“

Abhängig vom Reiseziel sollten Urlauber einige Strategien beherzigen. In kulturellen und religiösen Stätten ist beispielsweise angemessenes Verhalten wichtig. „Hier gilt ganz besonders: Keine freizügige Kleidung. Urlauber sollten sich der Kultur des jeweiligen Landes anpassen und dieser respektvoll begegnen. Figurbetonte Kleider und nackte Haut sind zum Beispiel nicht erwünscht, etwa der Besuch einer Moschee mit kurzem Rock oder Top“, so Schabbing. Dies verringert auch die in südlichen und arabischen Ländern häufiger vorkommende sexuelle Belästigung vor allem gegenüber allein reisenden Frauen. Keine gute Idee ist auch der Besuch von touristisch nicht erschlossenen Regionen. „Urlauber sollten nicht in sehr einsame und abgelegene Gebiete fahren, schon gar nicht ohne ortskundige Führung“, warnt der Tourismusexperte. „Vorsicht auch bei sogenannten Geheimtipps: Der tolle Strand kann sich als touristisch nicht ausgewiesenes Gelände entpuppen und damit großes Gefahrenpotential haben.“

Ebenso sollte berücksichtigt werden, dass in wirtschaftlich schwachen Ländern auch die Hemmschwelle der Einwohner bezüglich Diebstählen oder gar Entführungen sinkt, um das eigene Überleben zu sichern. Manchmal wird allerdings die auch in westlichen Ländern mitunter hohe Kriminalitätsrate unterschätzt. „Insbesondere zur Hauptreisezeit machen Taschendiebe viele europäische Metropolen unsicher. Touristen lassen am besten alle Wertgegenstände und wichtige Papiere wie Personalausweis und Flugticket im Hoteltresor. Bargeld sollte möglichst dicht am Körper und nicht in offenen Taschen getragen werden, dann kann eigentlich nichts passieren.“

Krisen und Katastrophen sind selten vorhersehbar. „Höhere Gewalt macht auch vor dem Urlaub nicht halt! Grundsätzlich gewährt § 651 j BGB bei derartigen Anwendungsfällen von höherer Gewalt dem Reiseveranstalter und dem Kunden ein Kündigungsrecht. Zu nennen ist unter anderem der regelmäßig vom Reiseveranstalter kostenpflichtig durchzuführende Rücktransport“, erklärt Prof. Dr. Willi Joachim. Er unterrichtet unter anderem Event- und Tourismusrecht an der ISM. Urlauber, die ganz sicher sein und die Option haben möchten, ihren Urlaub im Krisenfall abzusagen, sollten vorsorglich eine Reiserücktrittsversicherung abschließen. „Das ist der einfachste Weg, um schnell und kostengünstig eine Urlaubsreise stornieren zu können“, führt Joachim weiter aus. „Ein Sonderfall tritt ein bei Reisewarnungen durch das Auswärtige Amt. Ist das Land eines Urlaubers davon betroffen, hat er die Möglichkeit, seine Pauschalreise bei seinem Reiseveranstalter zu stornieren. Aus Kulanz werden mitunter auch Umbuchungen angeboten. Ist ein Land vom Auswärtigen Amt ausdrücklich als gefährlich eingestuft, kündigen viele Veranstalter ihre Vertragsbeziehungen zu den örtlichen Leistungsträgern, beispielsweise zu Hotels, oder setzen sie zeitweise aus.“ Tritt der Ernstfall ein und erschüttert zum Beispiel ein Terroranschlag das Land, können Reisende wegen Reiseangst nach § 651 i BGB vom Reisevertrag zurücktreten. Der Urlauber muss dann allerdings die vertraglichen Stornoentschädigungen gemäß § 651 i, Abs. 3 entrichten. Rechtzeitig vor Reisebeginn sollte jeder Urlauber an einen Auslandskrankenschutz denken, der im Krankheitsfall auch die Rückführung ins Heimatland beinhalten sollte.

Damit es keine bösen Überraschungen beim Sommerurlaub 2013 gibt, sollten Urlauber genau überlegen, was sie eigentlich wollen. „Jeder muss für sich entscheiden, was er im Urlaub erleben und was er an Risiken auf sich nehmen möchte. Klar sein muss, dass Gefahren oft nicht langfristig erkennbar sind, sondern eine Situation auch sehr schnell umschlagen kann“, so Schabbing. „Urlauber sollten sich also fragen, ob sie unbedingt die Pyramiden in Ägypten sehen oder doch lieber nur einen Strandurlaub machen möchten. Ist letzteres der Fall, muss das im Sommer 2013 vielleicht nicht unbedingt in Ägypten sein.“

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