Vor Schulz-Reise nach Paris: SPD kritisiert Europa-Kurs der Union

Vor dem Besuch des SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz in Paris haben führende SPD-Politiker den europapolitischen Kurs des Koalitionspartners CDU kritisiert. „Unter Helmut Kohl konnte sich die CDU mit Fug und Recht Europapartei nennen. Dieses große Erbe hat die CDU leider verspielt“, sagte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil der „Welt“ (Donnerstagausgabe).

Kanzlerin Angela Merkel gehe mit der EU rein taktisch um, kritisierte er. „Statt konkreter Reformvorschläge kommen von ihr nur Worthülsen.“ Heil warnte vor Untätigkeit. Wenn die Regierungschefs jetzt nicht entschlossen handelten, verspielten sie die Zukunft der EU. „Mehr Investitionen und mehr Zusammenarbeit gerade in der Euro-Zone – diese beiden Kernforderungen verbinden Macron und die SPD“, sagte Heil vor dem Besuch des SPD-Vorsitzenden Schulz beim französischen Präsidenten am Donnerstag in Paris. „Europa braucht einen neuen Aufbruch. Und dafür stehen Emmanuel Macron und Martin Schulz“, sagte Heil. Axel Schäfer, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion im Bundestag, betonte die Bedeutung der Partnerschaft zwischen Frankreich und Deutschland. „Europa funktioniert nur, wenn die deutsch-französische Zusammenarbeit intensiv ist“, sagte Schäfer der „Welt“. Beide Länder hätten ein unterschiedliches Staats- und Politikverständnis. Wenn diese beiden Länder aber Kompromisse fänden, könnten sich viele andere Länder dahinter versammeln. „Das ist das Besondere am deutsch-französischen Verhältnis für Europa. Dieser Kern muss gestärkt werden.“ Schäfer verwies auch auf die Vorarbeit, die zwischen der SPD und Emmanuel Macron bereits geleistet worden sei. „Martin Schulz kann nahtlos daran anknüpfen, was Macron und Gabriel – damals noch als Wirtschaftsminister – zu Europa entwickelt haben. Ziel muss es sein, die Existenz Europas zu sichern und weiterzuentwickeln.“ Die Ideen von Merkel und Schäuble zu Europa nannte Schäfer dagegen so verwirrend, dass man die Positionen der beiden CDU-Politiker nicht genau erkennen könne. Auch Udo Bullmann, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokraten im Europaparlament und im SPD-Parteivorstand verantwortlich für die Europäische Union, hob die Bedeutung der deutsch-französischen Partnerschaft für die gesamte EU hervor. „Europa ist besonders in den Zeiten vorangekommen, in denen Deutschland und Frankreich gemeinsam angepackt haben. Aktuell fehlen wichtige Impulse.“ Zwar pflege Merkel bei ihren europäischen Auftritten einen präsidialen Stil, leiste jedoch keinen Beitrag, die drängenden Probleme der Union zu lösen, erklärte Bullmann. Damit werde Deutschland weder den Anforderungen noch den Erwartungen gerecht. Bullmann kritisierte ebenfalls die Ergebnisse des deutsch-französischen Ministerrats, bei denen unter anderem zugesagt wurde, im Bereich der Rüstung stärker zusammenzuarbeiten. „Das ist dürftig und deutlich zu wenig angesichts der aktuellen Herausforderungen in der EU.“

Foto: EU-Fahnen, über dts Nachrichtenagentur

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