Gestern spießig, heute total „in“: Schrebergärten

Hof – Kleingartenanlagen waren lange Zeit ein Synonym für das deutsche Spießbürgertum. Dies ist heutzutage jedoch längst nicht mehr der Fall. Besonders in den Großstädten bauen gerade junge Menschen und Familien gerne ihr eigenes Obst und Gemüse an und genießen ihr kleines Stück Natur mitten in der Stadt.

Schrebergärten beleben die Städte

Im Auftrag der Ergo Direkt Versicherungen wurde vor Kurzem eine TNS-Emnid-Umfrage durchgeführt, die diesen Image-Wandel in Zahlen belegt. Laut dieser Umfrage finden nämlich nur noch 11 Prozent der Befragten Schrebergärten „spießig“, während 31 Prozent der Umfrageteilnehmer am liebsten ihr eigenes Obst und Gemüse anbauen würden. 24 Prozent wollen mithilfe eines Schrebergartens ein grünes Stück Natur in ihr graues Stadtleben bringen und 22 Prozent verbinden mit einer Kleingartenkolonie vor allem Geselligkeit. Zwischen den 14- bis 29-Jährigen findet übrigens nur noch jeder Fünfte den Begriff des Schrebergartens spießig.

Die neuen Kleingarten-Besitzer

Die sogenannten „Laubenpieper“ blicken in Deutschland auf eine lange Tradition zurück. Schließlich werden regelmäßig nicht weniger als etwa eine Million Parzellen in Deutschland beackert. Und obwohl das Durchschnittsalter der Schrebergärten-Besitzer immer noch bei etwa 60 Jahren liegt, kündigt sich ein Generationswandel an. Denn laut einer Studie des Bundesministeriums für Stadtentwicklung gehen seit dem Jahr 2000 rund die Hälfte aller neuen Verpachtungen an junge Familien und etwa 64 Prozent aller Neupächter sind jünger als 55 Jahre. Auch der Münchner Kleingartenverband spricht von einem Generationswechsel. Allerdings sind die ohnehin schon knappen Freiflächen sehr begehrt. So müssen die meisten Schrebergärten-Vereine in westdeutschen Großstädten mittlerweile schon Wartelisten für ihre Kleingarten-Anlagen führen. In München zum Beispiel gibt es etwa 85 Kleingartenanlagen – dennoch kann die Wartezeit für einen Schrebergarten hier bis zu 5 Jahre betragen.

Lockere Atmosphäre in der Kolonie

Durch den Generationswechsel lockert sich auch der Umgang zwischen den Kleingartenbesitzern. Entsprechend passen sich viele Kleingartenvereine an und entschärfen ihre Regeln und Bestimmungen. Bei der Übernahme einer Parzelle, müssen somit längst nicht mehr so viele Vorschriften eingehalten werden. Wollte man früher beispielsweise irgendwelche Veränderungen an seiner Parzelle vornehmen, war der damit verbundene bürokratische Aufwand enorm. So mussten detaillierte Pläne und ausführliche Anträge erst vom Vereinsvorstand genehmigt werden.

Gartenarbeit: gut für Körper und Geist

Eine niederländische Studie aus dem Jahr 2011 hat bestätigt, was die meisten stolzen Kleingärtner schon längst gewusst haben: Gartenarbeit macht glücklich und hält fit. An der Umfrage beteiligt waren Kleingärtner sowie deren Nachbarn, die keinen Garten besitzen. Das eindeutige Ergebnis: Kleingärtner können vor allem während der Garten-Saison jede Woche einen zusätzlichen Tag mit körperlicher Aktivität verbuchen. Insbesondere etwas ältere Kleingärtner fühlten sich nach eigenen Angaben gesünder und weniger gestresst. Dementsprechend mussten sie auch seltener einen Arzt aufsuchen. Verblüffend aber wahr ist auch die Tatsache, dass bereits 20 Minuten Gartenarbeit dafür sorgen, dass weniger Stresshormone freigesetzt werden.

Die „Guerilla Gardener“ sind los

Ein neuer Trend setzt sich vor allem bei jungen Leuten, die auf eine recht ungewohnte Art und Weise ihrer „grünen Lust“ nachgehen wollen, durch: In heimlichen Nacht- und Nebel-Aktionen pflanzen die sogenannten „Guerilla-Gärtner“ Blumen oder verteilen Samen über freie, unbenutzte Brachflächen. Viele Stadtverwaltungen tolerieren und begrüßen diese eigentlich illegale Gartenarbeit sogar, denn sehr häufig fehlt den Kommunen das nötige Geld für die Pflege aller städtischen Grünflächen. In vielen Großstädten hat sich so das „Guerilla Gardening“ zum richtigen Trend gemausert und ist für viele zu einer wichtigen sozialen Bewegung geworden. Gemeinsam suchen sich die Großstädter dabei ein Stück brachliegendes Land, das sie dann zusammen pflegen. Öfters kommt es sogar vor, dass die Kommunen sogar entsprechende Flächen an die Guerilla-Gärtner verpachten.

Kleingärten für alle

Kleingärtnervereine oder Verbände, die bei der Suche nach einem eigenen Schrebergarten helfen, findet man in fast allen deutschen Städten. Darüber hinaus kommt es aber auch immer wieder vor, dass Privatpersonen ihre Schrebergärten an Schwarzen Brettern in Vereinshäusern, im Internet oder in Zeitungen anbieten.

Buchtipp:

Christa Müller: Urban Gardening. Über die Rückkehr der Gärten in die Stadt. oekom Verlag, München 2011 (ISBN-13: 978-3-86581-244-5, Preis: 19,95 Euro).

Foto: djd/Ergo Direkt Versicherungen/P.Burns

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