Thüringens Innenminister spricht von „Staatsversagen“ bei NSU-Morden

Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) hält die Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) noch nicht für restlos aufgeklärt. So lasse der Mord an der Polizistin Michelle Kiesewetter im April 2007 „noch viele Fragen offen“, sagte Maier der „Welt“ (Freitagsausgabe). Es gebe „in diesem Komplex so viele Sachverhalte, dass ich nicht mehr an Zufälle glauben kann“, so Maier weiter.

Dass der NSU in den Jahren 2000 bis 2007 in Deutschland zehn Menschen ermorden konnte, sei für ihn auch eine Folge von Staatsversagen. Den Abschlussbericht des NSU-Untersuchungsausschusses im Thüringer Landtag nannte der Innenminister „ein katastrophales Zeugnis behördlicher Arbeit“. Maier sagte weiter, er mache sich „große Sorgen um die Entwicklung im rechtsextremistischen Milieu“. Die neuen Gefahren seien „keine simple Fortsetzung des NSU“. Sie hätten aber „wie damals sehr viel mit Wegschauen und Gleichgültigkeit zu tun“, so Maier. „Gerade im ländlichen Raum treten Neonazis heute unverhohlen auf“ und würden versuchen in bürgerliche Milieus einzusickern. Es würden in Thüringen Strukturen aufgebaut, „die in der letzten Konsequenz auch für terroristische Aktionen genutzt werden können“, so Maier. „Und diese Gruppen haben Geld.“ Die Szene wachse überall in Mitteldeutschland. Maier griff außerdem den Spitzenkandidaten der Thüringer AfD, Björn Höcke, an. Dieser pflege eine völkische Rhetorik und mache Hass hoffähig. Er gebe sich als Biedermann, sei aber ein „gefährlicher Demagoge“, dessen Strategie darin „besteht, die Grenzen zwischen rechtsextremem Gedankengut und konservativ-nationalen Anschauungen zu verwischen“. Der Innenminister begrüßt, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz den rechten „Flügel“ der AfD zum Verdachtsfall erklärt habe.

Foto: Proteste beim NSU-Prozess vor dem Strafjustizzentrum München, über dts Nachrichtenagentur

 

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