US-Historiker Kagan warnt vor Scheitern der westlichen Demokratie

Der US-Historiker Robert Kagan sieht Parallelen zwischen dem Aufstieg des Rechtspopulismus in westlichen Ländern und dem Zusammenbruch der Demokratie in der Zwischenkriegszeit: „Das große Aufklärungsprojekt zur Verbreitung liberaler Werte, das nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs begann, findet womöglich ein Ende“, sagte er dem „Handelsblatt“. Man fühle sich an die 1920er und 1930er-Jahre erinnert, „als Zweifel an Demokratie, Freiheit und Marktwirtschaft wuchsen“. Allerdings relativierte der neokonservative Intellektuelle seine These, dass mit der Präsidentschaft von Donald Trump der Faschismus in den USA Einzug erhält.

„Ich bin etwas zurückhaltender geworden“, räumte Kagan ein. „Trump hat noch immer das Potenzial, ein Demagoge zu sein, der die Institutionen der USA überrollt und großen Schaden anrichtet. Bisher aber agiert er zu inkompetent.“ Es sei inzwischen klar, dass Trump nicht einmal über ein „elementares Verständnis“ des politischen Systems der USA verfüge.

Kagan, der in der Vergangenheit viele republikanische Politiker beraten hat und zu den prominentesten Unterstützern des Irak-Kriegs von George W. Bush zählte, hatte Trump im Wahlkampf als existenzielle Gefahr für die US-Demokratie bezeichnet. Er glaubt nicht daran, dass Trump seine Politik im Grundsatz verändert hat, auch wenn dieser heute in zentralen Fragen neue Positionen vertrete: „Angeblich hat er seine Meinung über die Nato revidiert“, sagte Kagan, „aber im französischen Wahlkampf unterstützt er die Nato-Gegnerin Marine Le Pen.“

Trumps Überzeugungen speisten sich weiterhin aus einem „extrem eng gefassten“ Verständnis nationaler Interessen. Den Optimismus vieler Europäer über die guten Umfragewerte für Emmanuel Macron bei den französischen Präsidentschaftswahlen teile er nicht. „Die Wahl eines Mannes ändert nicht viel“, sagte Kagan. „Frankreich steckt in einer tiefen Krise.“ Und dem Rest Europas ginge es nicht besser.

Foto: US-Flagge, über dts Nachrichtenagentur

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