Deutsche Wirtschaft wächst 2013 um 0,3 Prozent und 2014 um 0,8 Prozent

Die drastische Sparpolitik und die damit verbundene Rezession in zahlreichen Ländern der Europäischen Währungsunion bremsen die Wirtschaftsentwicklung in Deutschland weiterhin. Gleichzeitig fallen die Impulse aus Ländern außerhalb der EU geringer aus als noch vor kurzem erwartet. Das hat zwei Gründe: Die wirtschaftliche Dynamik hat insbesondere in einigen großen Schwellenländern etwas nachgelassen. Zudem werden auch außerhalb Europas weniger Investitionsgüter geordert, auf die viele deutsche Exporteure spezialisiert sind. Die Nachfrage aus Übersee ist daher vor allem in diesem Jahr zu schwach, um die Flaute in Europa auszugleichen. Vor diesem Hintergrund senkt das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung seine Konjunkturprognose spürbar ab: Für 2013 erwarten die Konjunkturforscher eine Zunahme des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,3 Prozent. Das sind 0,6 Prozentpunkte weniger als bei der vorangegangenen Prognose im März vorhergesagt. 2014 dürfte das BIP im Jahresmittel um 0,8 Prozent wachsen – 0,7 Prozentpunkte weniger als bislang angenommen. Damit schwenkt die deutsche Wirtschaft auf einen stagnativen Pfad ein.

Wichtigste Stütze der Konjunktur sei in nächster Zeit der private Konsum, schreiben die Forscher in ihrem Konjunktur-Update, das heute als IMK Report 84 erscheint.* „Wir gehen davon aus, dass die Löhne und Gehälter in diesem und im kommenden Jahr real zulegen werden und die Arbeitslosigkeit nur moderat steigt“, erklärt Prof. Dr. Gustav A. Horn, der Wissenschaftliche Direktor des IMK. „Unter diesen Voraussetzungen kann die private Nachfrage Schlimmeres verhindern. Trotzdem kommt die deutsche Wirtschaft bis Ende 2014 über eine Stagnation nicht hinaus.“

Das IMK geht in seiner Prognose davon aus, dass sich die Situation im Euroraum nicht erneut verschärft. Die Forscher erwarten vielmehr, dass die Staaten des Euroraums ihren restriktiven fiskalpolitischen Kurs aufgrund der negativen Erfahrungen mit den massiven Sparprogrammen in Südeuropa etwas lockern. Gleichwohl bleibe die wirtschaftliche Lage „fragil“, die erwartete leichte Stabilisierung in Europa sei lediglich „eine Stabilisierung auf Krisenniveau“. Das wirkt sich auch auf den deutschen Arbeitsmarkt aus: Er bleibt im Großen und Ganzen robust, doch gehen die Trends bei Beschäftigung und Arbeitslosigkeit auseinander: Während sich die Zahl der Beschäftigten in diesem und im kommenden Jahr noch einmal positiv entwickelt, steigt auch die Arbeitslosenzahl an – jeweils um knapp 60.000 Personen (Details siehe unten).

Um die Krise in Europa zu überwinden, halten es die Forscher für unerlässlich, die hohen Zinssätze weiter zu vermindern, die in den Euro-Krisenländern nicht nur die Staatsfinanzierung, sondern auch dringend nötige Investitionen von Unternehmen behindern. Die hohen Risikoaufschläge seien „zu einem wesentlichen Teil auf Währungsrisiken und die Gefahr eines Schuldenschnitts“ zurückzuführen, schreibt das IMK. „Beides sind Fremdkörper in einer Währungsunion zwischen entwickelten Volkswirtschaften und erhöhen nicht nur die Finanzierungskosten, sondern auch die Unsicherheit, unter der unternehmerische Entscheidungen gefällt werden.“

Die Ankündigung der Europäischen Zentralbank (EZB), notfalls Staatsanleihen von Krisenländern auf dem Sekundärmarkt aufzukaufen, habe zwar positiv gewirkt und die Risikoprämien ein Stück weit reduziert. Doch das reiche nicht aus. Als sinnvolles Instrument empfehlen die Ökonomen einen Schuldentilgungsfonds. Damit würden die Euroländer für ihre Staatsschulden oberhalb einer bestimmten Grenze gemeinschaftlich garantieren. Für die Rückzahlung blieben aber die jeweiligen Schuldnerländer verantwortlich. Dieser Mechanismus, so das IMK, „dürfte die höchste Aussicht auf Erfolg haben und zu der geringsten Belastung der Steuerzahler führen, da die Krisenländer in die Lage versetzt würden, ihre Schulden auch tatsächlich zu bedienen“.

Arbeitsmarkt

Die Zahl der Erwerbstätigen im Inland nimmt 2013 um gut 240.000 Personen oder 0,6 Prozent im Jahresdurchschnitt zu. 2014 steigt sie um weitere 70.000 (0,2 Prozent). Da aber gleichzeitig das Arbeitskräfteangebot durch höhere Erwerbsneigung und eine stärkere Zuwanderung wächst, erhöht sich gleichzeitig auch die Arbeitslosigkeit moderat. Die Zahl der Arbeitslosen nimmt im Jahresdurchschnitt 2013 um 59.000 auf knapp 2,96 Millionen Menschen zu. Das entspricht einer Arbeitslosenquote von 6,9 Prozent. 2014 wird die Zahl der Menschen ohne Job in gleicher Größenordnung auf dann 3,02 Millionen im Jahresdurchschnitt steigen. Die Quote liegt bei 7,0 Prozent.

Außenhandel

Der deutsche Export schrumpft in diesem Jahr um 1,5 Prozent im Jahresmittel. 2014 wachsen die Ausfuhren wieder – um durchschnittlich 2,8 Prozent. Die Importe sinken 2013 im Jahresmittel um 1,3 Prozent. 2014 nehmen sie um 4,6 Prozent zu.

Investitionen

Die Ausrüstungsinvestitionen kommen im Verlauf des Jahres 2013 langsam aus der Flaute. Durch den hohen statistischen Unterhang aus dem Vorjahr bleiben sie im Jahresdurchschnitt aber negativ: -2,7 Prozent. 2014 legen sie dagegen um 3 Prozent zu.

Einkommen und Konsum

Die real verfügbaren Einkommen steigen 2013 um 1 Prozent, die realen privaten Konsumausgaben nehmen um 1,1 Prozent zu. 2014 werden die real verfügbaren Einkommen um 1,2 Prozent wachsen, die privaten Konsumausgaben um 1,3 Prozent. Damit wird der private Konsum die Konjunktur wesentlich stützen, so die Forscher.

Inflation und öffentliche Finanzen

Trotz deutlicher Preiserhöhungen bei Lebensmitteln ist die allgemeine Preisentwicklung in Deutschland moderat. Im Jahresdurchschnitt 2013 liegt die Inflationsrate bei 1,5 Prozent – und damit deutlich unter dem Inflationsziel der EZB. Für 2014 rechnet das IMK mit einem weiteren geringfügigen Rückgang der Inflation auf 1,4 Prozent im Jahresmittel. Die schwache wirtschaftliche Entwicklung bremst die zuletzt kräftige Entwicklung bei den Steuereinnahmen stark. Dadurch gerät das Staatsbudget wieder leicht ins Defizit: Für 2013 rechnet das IMK mit einem Fehlbetrag von -0,3 Prozent des BIP. 2014 sinkt das Defizit auf -0,2 Prozent.

*IMK Arbeitskreis Konjunktur: Deutschland stagniert. Deutsche Konjunktur zur Jahresmitte 2013. IMK Report 84, Juli 2013.

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