Game over, Kommentar zum Brexit von Andreas Hippin

Wer Theresa May zugehört hat, wird nicht überrascht gewesen sein, als sie ankündigte, Artikel 50 des Vertrags von Lissabon vor Ende März kommenden Jahres in Anspruch zu nehmen. Schließlich hatte die britische Premierministerin das schon früher für Anfang 2017 avisiert. Aber wer hört schon auf das, was Politiker sagen? Zumal die regierenden Konservativen in dieser Frage alles andere als einig schienen. Für manche war die Volksabstimmung über die EU-Mitgliedschaft im Juni nicht viel mehr als eine unverbindliche Meinungsumfrage. Andere wollten erst die Ergebnisse der Wahlen in Deutschland und Frankreich im kommenden Jahr abwarten. Es gab auch die Hoffnung, dass bis dahin alles vergessen sein würde und man dann einfach wieder zur Tagesordnung übergehen könnte. Und schließlich sind auch noch Verfahren auf dem Weg, um den Brexit auf juristischem Wege zu stoppen.

Nun gibt es also einen Termin für das offizielle Austrittsverfahren. Er ist zwar immer noch Monate entfernt, aber nicht weit genug, um noch darauf zu hoffen, dass das Vereinigte Königreich irgendwie doch in der EU bleiben wird. Game over. Der Termin gibt den Zeitplan für den Brexit vor, vorausgesetzt, irgendjemand hält sich an die unerprobten Vorgaben für einen solchen Fall. Mitte 2019 wäre es demnach so weit: Die zweitgrößte Volkswirtschaft der EU würde die Staatengemeinschaft verlassen. Praktisch ist es innerhalb von zwei Jahren überhaupt nicht möglich, die gegenseitigen Beziehungen zu entflechten. Es müssten Übergangsregelungen gefunden und über Jahre beibehalten werden, um größere wirtschaftliche Schäden für alle Beteiligten abzuwenden.

David Camerons Nachfolgerin hat auf dem Parteitag in Birmingham zwei Dinge klargestellt: Wer sich in der Brexit-Frage in der Partei gegen sie stellt, wird nicht mehr viel zu lachen haben. Wichtiger noch: Der ungehinderte Zugang zum europäischen Binnenmarkt ist für sie kein goldenes Kalb. Ihre Bereitschaft, Zugeständnisse beim Thema Zuwanderung zu machen, geht offenbar gegen null. Vom Europäischen Gerichtshof würde sie sich ebenfalls nur zu gerne verabschieden. Der Ton aus London ist damit mindestens ebenso scharf wie der aus Brüssel. Die Verhandlungen dürften extrem hart werden.

May galt nie als europhil. Dass sie sich in letzter Minute entschloss, die Kampagne für den Verbleib in der EU zu unterstützen, hat viele überrascht. Vielleicht wird man an den Finanzmärkten künftig mehr darauf hören, was Politiker sagen.

Quelle: Börsen-Zeitung

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