Kommentar: "Mehr Optimismus wagen" von Alexandra Föderl-Schmid

Wien – Die Feiern zum Jahreswechsel sind vorbei, die Katerstimmung ist geblieben. Dabei gibt es durchaus Grund, mit Optimismus nach vorne zu blicken. Das Jahr 2013 hat eine Stabilisierung gebracht. Davon zeugen die Börsen: Der Weltaktienindex verzeichnete ein Plus von 20 Prozent, die Wallstreet ihr bestes Börsenjahr seit 1997. Der Aufschwung in den USA ist stabil und nimmt an Fahrt zu. Demokraten und Republikaner haben sich auf die Beilegung des Haushaltsstreits geeinigt. Die US-Notenbank hat angekündigt, die Wertpapierkäufe zu reduzieren und damit ihre Politik des billigen Geldes zurückzufahren. Das ist ein Schritt in Richtung Normalität. Die neue Fed-Chefin Janet Yellen, die am 1. Februar Ben Bernanke nachfolgt, steht für Kontinuität und neigt nicht zu Aktionismus.

Ein weiterer Grund für Optimismus ist das Freihandelsabkommen. Die WTO-Verhandlungen dauerten zwölf Jahre und wurden schließlich im Dezember zu einem Ende gebracht. Der Abbau von Handelsschranken ist ein wichtiger Schritt, Industrie- und Schwellenländer haben nun mehr -Planungssicherheit.

Für Europäer ist der offensichtlichste Grund, positiver in die Zukunft zu schauen, der Zustand der Eurozone. Die Lage hat sich deutlich verbessert, es gibt keine Debatten mehr über deren Zerfall. Der Euro hat am 30. Dezember ein Jahreshoch zum Dollar erreicht. Mit Irland konnte erstmals ein Land den Eurorettungsschirm verlassen, Portugal könnte im Frühjahr folgen. Spanien braucht ab 23. Jänner keine finanzielle Unterstützung mehr. Griechenland wird neue Hilfen brauchen, aber keine so hohen Beträge mehr wie in den vergangenen Jahren. Mit Ausnahme Zyperns dürfte die Wirtschaft in allen Eurostaaten wachsen.

In Deutschland gibt es einen vergleichsweise kräftigen Aufschwung, die Wachstumsprognose der Bundesbank wurde für 2014 von 1,5 auf 1,7 Prozent angehoben. Die deutsche Exportwirtschaft erwartet neue Rekordwerte, die Konsumenten sind in Kauflaune, und die Steuereinnahmen sind höher als erwartet.

In Österreich ist nach einer flauen ersten Jahreshälfte die Stagnation überwunden. Für 2014 wird ein Wachstum von real 1,7 Prozent vorausgesagt. Es gibt zwar Arbeitslosigkeit auf Höchststand, aber auch so viele Beschäftigte wie noch nie.

Dass das Glas halbleer und nicht halbvoll gesehen wird, hängt mit den Krisenerfahrungen nach 2008 zusammen. Es hat sich ins Bewusstsein jedes Einzelnen tief eingegraben, dass alles schnell anders sein kann: Eine negative Bewertung einzelner Staaten durch Ratingagenturen kann die positive Entwicklung der vergangenen Monate in Europa binnen Minuten zunichtemachen; die Konjunktur in Frankreich kann massiv einbrechen, die Schuldenblase in China platzen, extreme politische Parteien können in Regierungsverantwortung gelangen. Wahrscheinlicher ist aber, dass eine Wende im Kampf gegen die Krise gelungen ist.

Das ist kein Grund, sich zurückzulehnen – vor allem angesichts der hohen Arbeitslosenzahlen. Aber das eröffnet Gestaltungsmöglichkeiten, die in Zeiten der Krise, die in Österreich insgesamt ganz gut bewältigt worden ist, nicht möglich waren. Eine große Koalition ohne große Krise könnte sich jetzt um die Sachen kümmern, von denen nicht nur die Entwicklung des nächsten Jahres abhängt: vor allem -Bildung und die Auswirkungen des demografischen Wandels.

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