Leitwährung

Nullzinspolitik: Nach dem Lift-off, Marktkommentar von Kai Johannsen

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Die US-Notenbank Federal Reserve ist aus der Nullzinspolitik ausgestiegen und hat in der gerade beendeten Handelswoche erstmals seit fast einem Jahrzehnt den Leitzins angehoben. Der Zielsatz für US-Tagesgeld wurde von der Spanne von 0 bis 0,25% auf jetzt 0,25 bis 0,5% angehoben. Die Reaktion der Märkte, von Aktien über Renten bis hin zu Währungen und Rohstoffen, auf diesen Lift-off fiel – nach ersten kurzen Schwankungen – doch ausgesprochen moderat aus, was sich auch leicht erklären lässt. Der Schritt war nicht nur gut vorbereitet und damit lange an den Märkten erwartet, er wurde mancherorts schon als überfällig eingestuft. Man muss es eigentlich schon andersherum betrachten: Hätte die Fed jetzt noch einmal zugewartet, wären wohl eher heftige Verwerfungen an den Märkten einzukalkulieren gewesen.

Für eine weitergehende Beruhigung der Anlegergemüter sorgte auch die begleitende Erklärung der Fed bzw. der Fed-Chefin Janet Yellen auf der anschließenden Pressekonferenz. Yellen machte den Marktteilnehmern unmissverständlich klar, dass der Zinspfad der US-Notenbank hin zu höheren Niveaus mit einer sehr gemächlichen Gangart verbunden sein wird. Eine aggressive Zinserhöhungspolitik – also ein sehr restriktiver Kurs – kann damit vollkommen ausgeschlossen werden, es sei denn, über Nacht träte starke Inflation auf, was wohl kaum der Fall sein wird. Yellen machte die weitere Gangart wieder einmal datenabhängig. Es komme darauf an, wie sich die Konjunktur und vor allem auch die Inflation entwickeln werde.

Und von der konjunkturellen Seite spricht – außer einer sehr robusten Verfassung des US-Arbeitsmarktes – nicht sehr viel für schnelle Leitzinsanhebungen. Der US-Einkaufsmanagerindex zeigt erstmals seit gut drei Jahren an, dass die amerikanische Wirtschaft wieder zur Schwäche neigt. Untermauert wurde das durch die am Tag der US-Zinserhöhung vorgelegten Daten zur Industrieproduktion. Sie wiesen für November ein Minus von 0,6% aus. Damit fiel der Rückgang deutlich stärker aus, als es der Konsens mit einem Minus von 0,1% vorhergesagt hatte. Sollte die US-Wirtschaft in den kommenden Monaten weiter Schwächesignale aussenden, müssen sich die Marktteilnehmer wohl auf eine Verlangsamung des Zinserhöhungsprozesses einstellen.

Mancher Analyst sieht den nächsten Zinsschritt der Fed bereits im März, andere gehen davon aus, dass es erst im Sommer so weit sein wird. Die US-Leitzinsen haben sich somit zwar vom Boden abgesetzt, aber sie befinden sich immer noch auf historischen Tiefs. Das Niedrigrenditeumfeld ist somit auch in den USA weiterhin intakt. Die Geldpolitik der Amerikaner ist immer noch sehr expansiv ausgelegt. Diese Liquiditätsflut sollte die Märkte zunächst noch weiter unterstützen.

Tendenziell wirkt der nun angehobene Leitzins auch ein wenig renditesteigernd an den Bondmärkten. Allerdings sollte dieser Einfluss – insbesondere an den europäischen Rentenmärkten – nicht überschätzt werden. Denn zwischen den USA und der Eurozone gibt es divergierende Geldpolitiken. Während die US-Notenbank auf den Zinserhöhungsmodus geschwenkt ist, steht der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, weiterhin mit dem Fuß auf dem Quantitative Easing genannten Gaspedal. Das bedeutet: Im gemeinsamen Währungsgebiet ist die Geldpolitik weiterhin sehr expansiv ausgerichtet. Und das wird noch einige Zeit so bleiben. Draghi wird in den kommenden Wochen und Monaten das Kaufprogramm für Anleihen noch ausweiten. Gegenstand von Käufen werden nun auch noch die Bonds von regionalen und kommunalen Emittenten. Man darf gespannt sein, ob das nun Druck von den Staatsanleihen nehmen wird, d.h. ob diese Käufe dafür sorgen, dass die Knappheitssorgen der Marktteilnehmer bei den Bundesanleihen etwa abnehmen werden, oder ob die Illiquidität an den Rentenmärkten dadurch nur noch größer wird.

Die Käufe der EZB werden in den nächsten Wochen den renditesteigernden Effekt der US-Zinserhöhung kräftig überlagern. Denn niedrigere Renditen sind schließlich das Ziel dieser EZB-Bondkäufe. Die Anleger sollten sich damit auch darauf einstellen, dass am kurzen Ende der Kurve und in manchen Segmenten des Rentenmarktes auch bis hin zu den mittleren Fälligkeiten wohl noch negative Renditen zu beobachten sein werden. Insofern zeigt die Zinsanhebung in den USA hierzulande nur einen sehr begrenzten Einfluss auf die Notierungen an den Rentenmärkten.

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