Ratlos in Tokio, Kommentar zur Bank of Japan von Martin Fritz

Yen
Die Bank of Japan (BoJ) unter Gouverneur Haruhiko Kuroda will die Deflation dauerhaft besiegen und das Wirtschaftswachstum ankurbeln, indem sie die Inflationsrate nachhaltig auf 2% treibt. Für diese ehrenhaften Ziele hat sich die Notenbankführung in den vergangenen dreieinhalb Jahren einiges einfallen lassen: zunächst die kräftige Ausweitung der Geldbasis, dann die Einführung von milden Strafzinsen, nun die Kontrolle der Zins- bzw. Renditekurve. Doch die eigene Zwischenbilanz ist ernüchternd ausgefallen: Zwar wurden die Realzinsen gedrückt und die Inflationserwartung wurde erhöht, aber das Inflationsziel wurde nicht erreicht. Dafür seien vor allem gesunkene Rohstoffpreise verantwortlich, redeten sich die Notenbanker heraus.

Wenn diese Analyse wirklich stimmt, dann müsste Kuroda Konsequenzen ziehen – also mehr Staatsanleihen kaufen, die Strafzinsen verschärfen oder etwa über Helikoptergeld nachdenken. Zumal akuter Handlungsbedarf besteht: Seit Monaten steigen die Preise immer langsamer, Bürger und Firmen erwarten weniger Inflation. Japan fällt ins deflationäre Denken zurück: Viele Geschäfte setzen vor allem auf Rabatte, Löhne und Gehälter wachsen kaum noch. Doch die Geldpolitik stagniert. Die nun angekündigte Flexibilisierung der Wertpapierkäufe ist letztlich reine Kosmetik, weil die Rendite der zehnjährigen Staatsanleihen schon nahe an den angestrebten 0% liegt.

Warum handelt Kuroda also nicht? Vermutlich befürchtet er, dass neue Maßnahmen am Finanzmarkt genauso verpuffen könnten wie die Einführung des Negativzinses Ende Januar. Das Risiko eines erneuten Scheiterns will er nicht eingehen. Lieber setzt er klammheimlich darauf, dass die Zinsen in den USA steigen und in der Folge der Yen wieder abwertet. Der schwache Wechselkurs war der eigentliche Hebel für seine bisherigen Erfolge bei der Überwindung der Deflation. Doch Kuroda selbst hat keine überzeugenden Instrumente mehr, um den Yen zu schwächen. Der Markt hört nicht mehr auf ihn.

Zugleich ist ein Zurück kaum mehr möglich. Schon ein Tapering der BoJ-Wertpapierkäufe würde den Aktien- und Bondmarkt erschüttern, vom Abbau der Bestände ganz zu schweigen. Die eigentliche Leistung der extremen Geldpolitik in Japan besteht darin, dass ein Großteil der Staatsschulden zur öffentlichen Hand gewandert und de facto neutralisiert worden ist. Dazu hat die Führungsspitze der Notenbank bisher kein Wort verloren. Womöglich ist sie bei diesem heiklen Thema ähnlich ratlos wie bei der Steigerung der Inflationsrate.

Quelle: Börsen-Zeitung

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