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Hans-Werner Sinn (* 7. März 1948 in Brake) ist ein deutscher Ökonom, Hochschullehrer und war von 1999 bis 2016 Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung. Er hat mehrere populärwissenschaftliche Bücher zu wirtschaftspolitischen Themen verfasst.

Sinn wurde 1948 in eine der SPD nahestehende Arbeiterfamilie geboren. Ein Großvater Sinns wurde als Sozialdemokrat von den Nationalsozialisten verfolgt und starb in einem Konzentrationslager. Als Kind war Sinn Mitglied bei den Falken und in jungen Jahren Mitglied der SPD. Nach dem Gymnasium in Bielefeld und dem Studium der Volkswirtschaftslehre an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster (Westfalen) von 1967 bis 1972 wechselte Sinn an die Universität Mannheim, an der er 1978 promoviert wurde und sich 1983 habilitierte.

Von 1984 bis 2016 war Sinn Professor für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Er war zwei Jahre lang Professor an der University of Western Ontario in Kanada. Als Gastprofessor war er an der London School of Economics sowie an den Universitäten Bergen, Stanford, Princeton und Jerusalem tätig. Er hielt als bislang einziger Deutscher Yrjö Jahnsson Lectures in Helsinki und Tinbergen Lectures in Amsterdam. Seit 1988 ist Sinn zudem Honorarprofessor an der Universität Wien. Von 1997 bis 2000 war er Vorsitzender des Vereins für Socialpolitik und zwischen 2006 und 2009 Präsident des International Institute of Public Finance, des Weltverbandes der Finanzwissenschaftler. Außerdem ist er Fellow des National Bureau of Economic Research in Cambridge (USA).

Sinn war ab Februar 1999 Präsident des ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung. Unter seiner Leitung wurde das Institut im Januar 2010 von einer Serviceeinrichtung (Einrichtung, die überwiegend wissenschaftliche Infrastrukturaufgaben wahrnimmt) zu einer Forschungseinrichtung rückumgewandelt. Die Amtszeit von Hans-Werner Sinn als ifo-Präsident und seine Arbeit als Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität endeten im März 2016, als er 68 Jahre alt wurde und in den Ruhestand trat. Hans-Werner Sinn war von 2000 bis 2010 Aufsichtsratsmitglied der HypoVereinsbank.

Sinn hat sich in seinen ersten wissenschaftlichen Jahren vor allem mit der ökonomischen Risikotheorie beschäftigt. Seine 1977 eingereichte und 1980 publizierte Dissertation mit dem Titel „Ökonomische Entscheidungen bei Ungewissheit“ (1980) wurde auch international publiziert (Economic Decisions under Uncertainty, North Holland: Amsterdam, New York und Oxford 1983). Schwerpunkte dieser Arbeiten lagen bei der Symbiose von Erwartungsnutzentheorie und der axiomatischen Fundierung der Mittelwert-Varianz-Analyse, hier: der Fundierung des Prinzips des unzureichenden Grundes, bei der psychologischen Fundierung von Risikopräferenzfunktionen und vor allem der Analyse von Risikoentscheidungen mit Haftungsbeschränkungen. Nach dem Urteil von Martin Hellwig hat Sinn damit die bislang als Basiswerk geltende Arbeit von Stiglitz und Weiss aus dem Jahr 1981 vorweggenommen.

Es folgte eine größere Anzahl von Arbeiten zu konjunkturtheoretischen, umweltökonomischen und außenhandelsbezogenen Themen, darunter Arbeiten zum so genannten Asset Approach und zur Mikrofundierung des allgemeinen Modells des temporären Gleichgewichts sowie Thesen zur Erklärung des Exportbooms in bestimmten Ländern (→ Basarökonomie).

Einen besonderen Schwerpunkt bildeten Probleme des längerfristigen wirtschaftlichen Wachstums. Vor Abel, Blanchard und Chamley formulierte Sinn das ökonomische Zentralplanungsmodell des wirtschaftlichen Wachstums in der Tradition von Robert Solow als intertemporales allgemeines Gleichgewichtsmodell mit dezentral optimierenden Akteuren und Markträumungsbedingungen.

1987 erschien Sinns Analyse der Anreizwirkungen beschleunigter Abschreibungen und der verschiedenen Komponenten der Kapitaleinkommensbesteuerung auf die intertemporale, internationale und intersektorale Ressourcenallokation. Sinn selbst bezeichnet seine wirtschaftspolitische Position als ordoliberal im Sinne von Erhard und Eucken. Kurz vor der Bundestagswahl 2005 unterzeichnete Sinn mit 242 weiteren deutschen Wirtschaftswissenschaftlern einen öffentlichen Aufruf, den sogenannten Hamburger Appell, für wirtschaftspolitische Reformen in Deutschland.

Laut einer Umfrage der Financial Times Deutschland zusammen mit dem Verein für Socialpolitik unter 550 deutschen Wirtschaftsexperten im Jahr 2006 schrieben die Befragten „nur zwei Vertretern der eigenen Zunft nennenswerten Einfluss auf die Politik zu: Bert Rürup und Hans-Werner Sinn“. Nach einer Untersuchung des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung und der Universität Konstanz im Jahre 2007 rangierte Sinn gemessen an der Anzahl der Zitierungen in wirtschaftswissenschaftlichen Fachzeitschriften auf dem zweiten Platz unter den deutschen Ökonomen nach Reinhard Selten.

In der Liste „Die wichtigsten Wirtschaftswissenschaftler“ der WirtschaftsWoche von 2011 belegte er den 1. Platz. Für die britische Zeitung The Independent gehört Sinn zu den zehn einflussreichsten Menschen, die 2011 die Welt verändert haben. In der Rangliste der in Deutschland tätigen forschungsstärksten Ökonomen, die in der Forschungsdatenbank RePEc erfasst sind, lag Sinn im Frühjahr 2012 auf dem ersten Platz. Er war als einziger Deutscher in der Bloomberg-Liste der fünfzig weltweit einflussreichsten Persönlichkeiten der Wirtschaft des Jahres 2012 aufgeführt. Nach einer Erhebung der Zeitschrift Cicero zum Einfluss auf den öffentlichen Diskurs im zurückliegenden Jahrzehnt, die im Januar 2013 die 500 wichtigsten deutschen Intellektuellen auflistete, lag Sinn zu diesem Zeitpunkt auf Platz 14.

Nach einer 2013 veröffentlichten Umfrage der Frankfurter Allgemeinen Zeitung unter Bundestags-Abgeordneten und Mitarbeitern von Bundesministerien, auf die Frage „Den Rat oder die Publikationen welcher Ökonomen schätzen Sie am meisten für Ihre Arbeit?“, belegte Sinn den ersten Platz in Deutschland. In einer Rangliste der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ist Sinn der einflussreichste deutsche Ökonom des Jahres 2014. In diesem Ranking erhielt Sinn insgesamt 629 Punkte, wobei er jeweils 250 Punkte für den Einfluss in Medien und Politik erhielt, sowie 64,5 Punkte in der doppelt gewichteten Kategorie Forschung. Unter den Ökonomen lag Sinn sowohl in den Kategorien Medien und Politik mit großem Abstand auf Platz 1, während er in der Kategorie Forschung unter den ersten 50 Plätzen nicht erwähnt wird. Laut FAZ hat in Deutschland kein anderer Ökonom so viel Gewicht in Medien und Politik, Sinn sei aber auch in der Forschung präsent. Im Ranking 2015 steht Sinn in den Kategorien Politik und Medien wieder auf dem Platz 1, während er in der Kategorie Forschung unter den ersten 50 Forschern wieder keine Erwähnung findet.

In seinem Kommentar Der Boulevardprofessor in der Financial Times Deutschland vom 30. März 2007 meinte der Wirtschaftsjournalist Mark Schieritz, dass Sinn umso größere publizistische Geschütze auffahre, je weniger seine Thesen Beachtung fänden. 2012 bezeichnete Schieritz in Die Zeit Sinn als „ökonomischen Seismograph der Republik“, der mit seinen Büchern und Interviews den Sound zu den wirtschaftspolitischen Megatrends der vergangenen 30 Jahre geliefert habe.

Hans-Werner Sinn kritisiert Euro-Ratschläge von George Soros

Berlin – Hans-Werner Sinn, Präsident des Ifo-Instituts, hat den Euro-Ratschlägen des Großinvestors George Soros deutlich widersprochen. Wenn Soros fordere, „Deutschland solle zwischen Eurobonds und dem Austritt wählen, dann fordert er faktisch das Ende des Euro“, schreibt Sinn in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung (Mittwochausgabe). Selbst wenn Deutschland austräte, hätten die südlichen Länder immer noch ein erhebliches Wettbewerbsproblem. „Die …

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