Kommunalwahlen in Türkei – Kampf um Istanbul

Heute sind 61 Millionen Bürgerinnen und Bürger in der Türkei dazu aufgerufen, bei den Kommunalwahlen ihre Stimme abzugeben. Dies ist ein wichtiger Tag für das Land, denn die Ergebnisse dieser Wahlen werden die politische Landschaft der türkischen Großstädte für die nächsten Jahre bestimmen. Vor allem Istanbul steht im Mittelpunkt des Interesses, da die regierende konservative Partei AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan entschlossen ist, die Kontrolle über die Stadt zurückzugewinnen. Die AKP ist bereits seit 25 Jahren an der Macht und Istanbul galt einst als ihre Hochburg. Bei den letzten Kommunalwahlen gewann jedoch der Oppositionskandidat Ekrem Imamoglu von der Republikanischen Volkspartei (CHP) das Rennen um das Bürgermeisteramt mit knappem Vorsprung. Das war ein schwerer Schlag für die AKP und ihren Vorsitzenden Erdogan, der sich im Wahlkampf stark für den Kandidaten seiner Partei, Binali Yildirim, eingesetzt hatte. Die Niederlage in Istanbul war ein großer Rückschlag für die AKP und wurde als Zeichen für Erdogans sinkende Popularität gewertet.

Sowohl für die AKP als auch für die Oppositionsparteien steht bei dieser Wahl viel auf dem Spiel. Das Ergebnis wird nicht nur darüber entscheiden, wer die großen Städte regieren wird, sondern es hat auch eine symbolische Bedeutung als Test für Erdogans Machterhalt. Die Oppositionsparteien, darunter die CHP und die pro-kurdische Demokratische Volkspartei (HDP), hoffen, von der Unzufriedenheit vieler türkischer Bürgerinnen und Bürger über die wirtschaftliche Misere des Landes, die steigende Arbeitslosigkeit und die autoritären Tendenzen unter Erdogans Herrschaft zu profitieren. Vor allem die HDP steht vor einer großen Herausforderung, da viele ihrer Kandidatinnen und Kandidaten verhaftet und wegen Terrorismusvorwürfen inhaftiert wurden, die nach Ansicht der Partei politisch motiviert sind. Der regierenden AKP wiederum wird vorgeworfen, staatliche Mittel zu nutzen, um sich einen unfairen Vorteil bei der Wahl zu verschaffen und die Stimmen der Opposition zu unterdrücken.

Das Wahlergebnis wird sich auch auf die Außenpolitik der Türkei und ihre Beziehungen zum Westen auswirken. Erdogans Regierung wurde für ihr hartes Durchgreifen gegen bürgerliche Freiheiten, die Inhaftierung von Journalisten und Dissidenten und ihre Militärintervention in Syrien kritisiert. Die Europäische Union hat die Türkei gewarnt, dass ihr Handeln ihren Antrag auf EU-Mitgliedschaft gefährden könnte, während die Vereinigten Staaten der Türkei wegen des Kaufs russischer Raketen mit Sanktionen gedroht haben. Der Ausgang der Wahl könnte darüber entscheiden, ob Erdogans Regierung ihren derzeitigen Kurs fortsetzen oder sich um eine Verbesserung der Beziehungen zum Westen bemühen wird.

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