Tag Archives: Mindestlohn

Ein Mindestlohn ist ein in der Höhe festgelegtes kleinstes rechtlich zulässiges Arbeitsentgelt. Die Festsetzung erfolgt durch eine gesetzliche Regelung, eine Festschreibung in einem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag oder implizit durch das Verbot von Lohnwucher. Eine Mindestlohnregelung kann sich auf den Stundensatz oder den Monatslohn bei Vollzeitbeschäftigung beziehen. Neben nationalen Mindestlöhnen gibt es auch regionale Varianten, die sich z. B. auf Bundesstaaten oder Städte beziehen. Weitere Erscheinungsformen sind branchenspezifische Mindestlöhne.

1896 gab es in Neuseeland erste Gesetze zur Lohnschlichtung, aber noch keine festgelegten Mindestlöhne. 1938 wurden in den Vereinigten Staaten von Amerika nationale Mindestlöhne eingeführt, mit der Begründung, die weißen Arbeitnehmer vor den damals als minderwertig angesehenen Schwarzen zu schützen. Das Jahr vor der Einführung des Mindestlohns war dann auch das letzte Jahr, in dem die Arbeitslosigkeit der Schwarzen niedriger war als die der Weißen. Eine 1970 von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) beschlossene Absichtserklärung zur Einführung von Verfahren zur vertraglichen Festlegung von Mindestlöhnen hatten zu Beginn des 21. Jahrhunderts 51 der 181 ILO-Mitgliedsstaaten ratifiziert. Nach einer Statistik der ILO gibt es in über 90 % ihrer Mitgliedstaaten Mindestlöhne.

Branchenspezifische Mindestlöhne und ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn werden unter sozial- und arbeitsmarktpolitischen Aspekten in Wissenschaft und Politik kontrovers diskutiert. Ein Hauptargument für Mindestlöhne ist die Verbesserung der Einkommenssituation von Beschäftigten im Niedriglohnsektor, ein Hauptargument dagegen ist der drohende Verlust von Arbeitsplätzen. Die Wirkung von Mindestlöhnen auf das Beschäftigungsniveau ist umstritten. Maßgeblich für die möglichen Auswirkungen ist dabei die Höhe des Mindestlohns in Relation zum allgemeinen Lohnniveau.

Das deutsche Arbeitsrecht kennt sechs Arten von Mindestlöhnen:

  • der allgemeine Mindestlohn auf der Grundlage des Mindestlohngesetzes;
  • Branchenmindestlöhne durch allgemeinverbindliche Tarifverträge auf der Grundlage des Tarifvertragsgesetze;
  • Branchenmindestlöhne durch allgemeinverbindliche Tarifverträge auf der Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes;
  • der Mindestlohn für die Pflegebranche durch Rechtsverordnung auf der Grundlage des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes;
  • Lohnuntergrenzen für Leiharbeitnehmer auf der Grundlage des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes;
  • Vergabemindestlöhne nach den Vergabegesetzen der Länder, Vergabemindestlöhne beinhalten keinen individuellen Anspruch der Arbeitnehmer auf ein Mindestentgelt.

In Deutschland gilt ab dem 1. Januar 2015 aufgrund des Mindestlohngesetzes erstmals ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn. Der Mindestlohn beträgt 8,50 € je Zeitstunde. Daneben gibt es in mehreren Branchen spezielle Branchenmindestlöhne. Diese gehen dem allgemeinen Mindestlohn vor, wenn sie höher als der allgemeine Mindestlohn sind. Während einer Übergangszeit bis Ende 2017 dürfen Branchenmindestlöhne den allgemeinen Mindestlohn noch unterschreiten.

Die Branchenmindestlöhne werden grundsätzlich durch Tarifverträge festgelegt und durch einen staatlichen Rechtsetzungsakt für alle Arbeitsverhältnisse dieser Branche rechtsverbindlich. Die Rechtsverbindlichkeit des Branchenmindestlohns ergibt sich aus § 3 Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) in Verbindung mit einer Allgemeinverbindlicherklärung des Tarifvertrags nach § 5 Tarifvertragsgesetz oder – alternativ – in Verbindung mit einer nach § 7 AEntG erlassenen Rechtsverordnung. Für die Pflegebranche gelten besondere Bestimmungen nach § 10 bis § 13 AEntG.

Die Branchenmindestlöhne gelten auch für Arbeitnehmer, die von einem ausländischen Arbeitgeber nach Deutschland entsandt werden. Ebenso gelten sie für (Leih-)Arbeitnehmer, wenn und solange sie durch ihren Arbeitgeber (Verleiher) einem anderen Arbeitgeber (Entleiher) überlassen werden, der in den Geltungsbereich eines Branchenmindestlohns fällt (§ 8 Abs. 3 AEntG). Daneben kann für die Branche der Arbeitnehmerüberlassung selbst ein Mindestlohn-Tarifvertrag durch eine Rechtsverordnung nach § 3a Abs. 2 AÜG allgemeinverbindlich werden. Man spricht hier von einer Lohnuntergrenze.

Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn wurde in Deutschland durch das am 1. Januar 2015 in Kraft getretene Mindestlohngesetz eingeführt. Er beträgt brutto 8,50 € je Zeitstunde. Die Höhe wurde durch den Gesetzgeber bestimmt.

Die Höhe des Mindestlohns kann auf Vorschlag einer ständigen Kommission der Tarifpartner (Mindestlohnkommission) durch Rechtsverordnung der Bundesregierung geändert werden. Die Kommission wird alle fünf Jahre durch die Bundesregierung neu berufen. Sie besteht aus einem Vorsitzenden, je drei stimmberechtigten ständigen Mitgliedern der Arbeitnehmer- und der Arbeitgeberseite, sowie zwei Mitgliedern aus Kreisen der Wissenschaft ohne Stimmrecht (beratende Mitglieder). Der Mindestlohn von 8,50 € kann erstmals zum 1. Januar 2017 erhöht werden. Am 28. Juni 2016 gab die Kommission bekannt, dass der Mindestlohn auf 8,84 € steigen soll.

Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn haben alle Arbeitnehmer. Ebenso Anspruch haben Praktikanten, die eingestellt werden, um berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder berufliche Erfahrungen zu erwerben, ohne dass es sich um eine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) handelt. Das gilt nicht für Schüler oder Studenten, die das Praktikum im Rahmen ihrer Schulausbildung oder ihres Studiums absolvieren oder für bis zu dreimonatige Orientierungspraktika oder für von der Arbeitsagentur geförderte Maßnahmen zum Erwerb einer Einstiegsqualifikation.

Ausgenommen von dem Anspruch auf den Mindestlohn sind außerdem jugendliche Arbeitnehmer und Auszubildende. Arbeitnehmer, die mindestens 1 Jahr lang arbeitslos waren (Langzeitarbeitslose i.S. v. § 18 SGB III) haben erst nach sechsmonatiger Beschäftigung Anspruch auf den Mindestlohn. Für Zeitungszusteller gilt übergangsweise ein geringerer Mindestlohn und zwar bis Ende 2015 von 6,38 €, bis Ende 2016 von 7,23 € und bis Ende 2017 von 8,50 €.

Darüber hinaus kann bis Ende 2016 mit allgemeinverbindlichen Tarifverträgen vom gesetzlichen Mindestlohn nach unten abgewichen werden. Ab 2017 gilt dann der Mindestlohn in allen Branchen, selbst wenn ein Tarifvertrag ein niedrigeres Entgelt vorsieht.

Anderweitige Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen, sind insoweit unwirksam. Arbeitnehmer können auf den Mindestlohn nur durch gerichtlichen Vergleich verzichten. Der Mindestlohnanspruch kann nicht verwirkt werden. Die Einhaltung des Mindestlohns wird von der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) der Zollverwaltung kontrolliert. Um die Kontrolle zu erleichtern, bestehen für Arbeitgeber zusätzliche Melde- und Dokumentationspflichten.

Vor der Einführung des Mindestlohns in Deutschland Anfang 2015 wurde vielfach vor negativen Folgen für den Arbeitsmarkt und starken Arbeitsplatzverlusten gewarnt. Ein Jahr nach Einführung waren derartige Folgen jedoch nicht festzustellen.

Bahn will Mindestlohn-Forderung der EVG erfüllen

Die Deutsche Bahn will die Mindestlohn-Forderung der Eisenbahnergewerkschaft EVG erfüllen. Das teilte der Staatskonzern in der Nacht zu Freitag mit, nachdem am Abend die Gespräche mit der Gewerkschaft fortgesetzt wurden. Die Bahn habe der EVG dabei zugesagt, der von ihr Anfang Februar erhobenen Forderung nach Abbildung des gesetzlichen Mindestlohns zuzüglich Entgelterhöhung nachzukommen. Das bedeute, dass vom ersten Tag des Tarifabschlusses …

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Deutsche Bahn kritisiert neuen EVG-Warnstreik

Die Deutsche Bahn (DB) hat die Ankündigung neuer Warnstreiks durch die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) kritisiert. „Wir sind der EVG nochmal entgegengekommen. Daraufhin Streiks anzukündigen ist gänzlich überzogen und völlig unverhältnismäßig“, sagte Personalvorstand Martin Seiler. „Auf dem Tisch liegen 10 Prozent, das höchste Angebot der DB-Geschichte.“ Auch das Thema Mindestlohn sei „abgeräumt“. Die DB hat eigenen Angaben zufolge vorgeschlagen, dass …

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EVG droht mit längeren Arbeitsniederlegungen bei der Bahn

Die Eisenbahngewerkschaft EVG droht mit neuen, noch heftigeren Arbeitsniederlegungen bei der Bahn. „Die nächsten Streiks werden länger dauern“, sagte Verhandlungsführerin Cosima Ingenschay der „Süddeutschen Zeitung“ (Freitagausgabe). Die EVG könne die Bahn wenn nötig „wochenlang lahmlegen“. Die Gewerkschaft wirft den Arbeitgebern vor, ein akzeptables Lohnangebot zu verweigern: „Es ist die Bahn, die die neuen Streiks provoziert.“ Die Bahnreisenden müssen sich damit …

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Sozialverband fürchtet sinkende Lebenserwartung

Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, warnt angesichts steigender Lebensmittelpreise vor einer sinkenden Lebenserwartung in Deutschland. Das Kochen mit frischen Lebensmitteln und eine ausgewogene Ernährung dürften nicht zum Luxus werden, sagte Bentele der „Bild am Sonntag“. „Aus Studien wissen wir längst, dass arme Menschen eine kürzere Lebenserwartung haben.“ Gerade Rentner, Geringverdiener, Bezieher von Bürgergeld und Grundsicherung oder Alleinerziehende könnten …

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Union nennt Heil-Äußerungen zum Mindestlohn „irritierend“

Die Union hat mit Befremden auf die Aussage von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) reagiert, er erwarte eine deutliche Steigerung des Mindestlohns. „Für den Mindestlohn macht die unabhängige Mindestlohnkommission einen Vorschlag für 2024“, sagte Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Dienstagsausgaben). Es sei „irritierend“, dass sich der Arbeitsminister jetzt dazu äußere. „Eine politische Lohnfindung ist jedenfalls falsch.“ …

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Kubicki kritisiert Mindestlohn-Äußerungen von Heil

FDP-Vize Wolfgang Kubicki hat Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) für Äußerungen kritisiert, wonach er eine deutliche Steigerung des Mindestlohns erwartet. „Abgesehen davon, dass man diese prognostische Einschätzung durchaus so treffen kann, ist es aber unglücklich, wenn sich ein Bundesminister in dieser Frage öffentlich einschaltet“, sagte Kubicki den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Es kann nämlich der Eindruck entstehen, dass der eigentliche Zweck der …

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EVG lehnt Tarifangebot der Bahn ab

In der Tarifrunde bei der Deutschen Bahn hat die Eisenbahngewerkschaft EVG das erste Arbeitgeber-Angebot abgelehnt. „Das Papier, das uns am späten Dienstagabend endlich vorgelegt worden ist, verdient den Namen Angebot nicht“, sagte EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch am Mittwoch. Das Unternehmen provoziere mit „nicht annehmbaren Vorschlägen“. Die EVG kritisierte beispielsweise, dass der sogenannte „Bahn-Mindestlohn“ in Höhe von 13 Euro frühestens im August …

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Arbeitgeber pochen auf Bonus und Steuerbefreiung für Pflegekräfte

Der Arbeitgeberverband Pflege fordert die Bundesregierung auf, jetzt auch zügig den Pflegebonus und die Steuerbefreiung von Nacht- und Feiertagszuschlägen umzusetzen. Verbandspräsident Thomas Greiner sagte der „Rheinischen Post“ (Dienstag), allseits sei gelobt worden, dass die Pflegekommission sich schnell geeinigt und einstimmig die höheren Mindestlöhne beschlossen habe. „Lohnerhöhungen gehen fix, Boni und Steuererleichterungen offenbar nicht“, kritisierte Greiner die Ampel-Koalition. Nach wie vor …

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Neujahrsansprache von Bundeskanzler Olaf Scholz im Wortlaut

Die Neujahrsansprache von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Wortlaut: „Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger – Heute geht ein Jahr zu Ende, das einige Veränderungen mit sich gebracht hat. Eine kleine Veränderung: Heute Abend richte ich als Ihr Bundeskanzler die Neujahrsansprache an Sie. Der reibungslose, mitunter fast freundschaftliche Übergang von der alten Bundesregierung zur neuen hat überall in der Welt viel Anklang …

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Schwesig verlangt mehr Respekt vor Lebensleistung der Ostdeutschen

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hat mehr Respekt vor den Lebensleistungen der Ostdeutschen gefordert. „Sie haben nach der Deutschen Einheit weit mehr Umbrüche bewältigen müssen und das überwiegend sehr gut hinbekommen“, sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Sonntagausgaben). Bei der Bundestagswahl hatte die AfD in Ostdeutschland viel Zustimmung bekommen, in Sachsen und Thüringen war die Partei am rechten Rand stärkste …

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Armutsgefährdung in EU steigt

Die Armutsgefährdung in der Europäischen Union steigt. Das ist das Ergebnis einer Datenabfrage der Bundestagsabgeordneten Sabine Zimmermann (Linke) beim Europäischen Statistikamt Eurostat, über welche die Zeitungen des „Redaktionsnetzwerks Deutschland“ in ihren Montagsausgaben berichten. Konkret geht es demnach um 86 Millionen Menschen in der EU, damit ist jeder Sechste von dem Problem betroffen. Insgesamt waren im Jahr 2018 – dies sind …

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