Top-Ökonom Snower erwartet soziale Konflikte durch Automatisierung

Der scheidende Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Dennis Snower, erwartet schwere soziale Konflikte im Zuge der fortschreitenden Automatisierung und der damit verbundenen Umwälzungen in der Arbeitswelt. „Viele Politiker erwarten, dass viele Menschen in den kommenden Jahren ihre Jobs an Roboter und Algorithmen verlieren werden und wollen die Betroffenen durch ein garantiertes Grundeinkommen ruhig halten. Aber das wird die Unzufriedenen nicht ruhigstellen“, sagte Snower der „Welt am Sonntag“.

„Ich erwarte, dass es deshalb große soziale Konflikte geben wird; größere als sie die Bundesrepublik bisher gesehen hat.“ Den Menschen fehle in der Globalisierung zunehmend das Gefühl, Teil einer Gemeinschaft zu sein. Das treibe sie in die Arme von Populisten. Eine Möglichkeit gegenzusteuern sei die Wiedereinführung der Wehrpflicht. „Ein Weg etwas mehr Gemeinschaftsgefühl zu schaffen, wäre, einen verpflichtenden Zivildienst für alle jungen Menschen, gleich ob Mann oder Frau, einzuführen“, sagte der Ökonom der „Welt am Sonntag“. Der Deutsch-Amerikaner wirft der Politik vor, die Wehrpflicht unbedacht abgeschafft zu haben. „Die Abschaffung der Wehrpflicht war mit Blick auf ihre gesellschaftliche Bedeutung ein Fehler. Wir haben lange die sozialen Effekte der Wehrpflicht und des Zivildienstes übersehen“, sagte Snower der „Welt am Sonntag“. „Junge Menschen haben dabei viele Monate mit Personen aus einem anderen kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Umfeld zusammengearbeitet. Das hat sicherlich das Verständnis füreinander geschärft. Deshalb sollte es wieder eine Dienstpflicht für alle geben, wobei jeder die Möglichkeit haben sollte, zwischen Wehrpflicht oder Zivildienst zu wählen.“ Den Menschen in Deutschland sei ein Pflichtdienst zuzumuten, auch wenn sich dieser politisch vermutlich nur schwer durchsetze lasse, sagte der Ökonom. „Jeder hier in Deutschland hat viele Rechte und Deutschland ist in dieser Hinsicht international vorbildlich. Aber es kann keine Rechte geben ohne Pflichten und jeder von uns hat Verantwortung gegenüber dem eigenen Land.“

Foto: G20-Protestcamp, über dts Nachrichtenagentur

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