Polizei veröffentlicht Fahndungsfoto nach Stockholmer Anschlag

Nach dem Lkw-Anschlag in der Innenstadt von Stockholm hat die Polizei ein Foto eines Verdächtigen veröffentlicht. Es könne sein, dass er etwas mit dem Vorfall zu tun habe. Eine Festnahme habe es entgegen anderslautender Medienberichte bislang noch nicht gegeben, so die schwedischen Sicherheitskräfte.

Das deutsche Auswärtige Amt riet unterdessen Reisenden, vorerst in ihren Unterkünften zu verbleiben und die Lageentwicklung über die Medien zu verfolgen. Auch die schwedische Polizei rief die Bevölkerung dazu auf, den Innenstadtbereich zu meiden. Am Freitagnachmittag war ein Lkw in eine Menschenmenge und in ein Geschäft der Stockholmer Einkaufsstraße Drottninggatan gefahren. Dabei gab es laut Medienberichten mindestens drei Tote und acht Verletzte. Der U-Bahn-Betrieb wurde vorläufig eingestellt und das Parlamentsgebäude abgesperrt. Vorortzüge brachten Pendler aus der Stadt hinaus, fuhren dann aber ohne Passagiere wieder zurück.

Chaotische Szenen

Nach dem Angriff spielten sich in der schwedischen Hauptstadt chaotische Szenen ab. Menschen flohen in Panik aus der Einkaufsstrasse, Helikopter kreisten über dem Stadtzentrum. Ein Augenzeuge berichtete, der Lastwagen sei plötzlich „aus dem Nichts“ aufgetaucht: „Ich habe gesehen, wie mindestens zwei Menschen überfahren wurden. Ich bin davongerannt, so schnell ich konnte“, sagte er.

Die Polizei sperrte die gesamte Umgebung ab. Polizeiautos fuhren durch die Stadt und forderten die Bewohner per Lautsprecherdurchsage auf, nach Hause zurückzukehren und Menschenmengen zu meiden. Der öffentliche Nahverkehr wurde eingestellt. Das Stadtzentrum war am Nachmittag wie ausgestorben, die Geschäfte hatten die Rollläden heruntergelassen.

Am Tatort war ein grosser Lastwagen mit blauer Plane und schwer beschädigtem Fahrwerk zu sehen, der quer in dem Kaufhaus zum Stehen gekommen war. Nach Angaben der Spedition Spendrups war der Lastwagen zuvor während einer Lieferfahrt zu einem Restaurant gestohlen worden.

Betroffenheit überall

Politikerinnen und Politiker aus mehreren Ländern verurteilten den Anschlag. „Ich bin bestürzt und betroffen“, schrieb Bundespräsidentin Doris Leuthard in einer am Freitag über Twitter verbreiteten Mitteilung.

„Jede Form von Gewalt, insbesondere gegen die zivile Bevölkerung, ist auf das Schärfste zu verurteilen“, hiess es in der Mitteilung von Leuthard. „In Gedanken bin ich bei den Betroffenen und spreche den Angehörigen der Opfer mein herzliches Beileid aus.“

Auch andere europäische Politiker reagierten bestürzt. „Ein Angriff auf einen unserer Mitgliedsstaaten ist ein Angriff auf uns alle“, erklärte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in Brüssel.

Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zeigte sich erschüttert von dem „brutalen Angriff auf unschuldige Menschen“. „Wir stehen zusammen gegen den Terror“, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin.

Auch die UNO verurteilte den Anschlag in Stockholm: „Unser Mitgefühl gehört den Familien der Opfer und allen Betroffenen“, liess UNO-Generalsekretär António Guterres in New York über seinen Sprecher Stéphane Dujarric ausrichten. „Die Vereinten Nationen stehen solidarisch mit dem Volk und der Regierung von Schweden.“

Zweite Festnahme nach Anschlag

Der TV-Sender SVT berichtete unter Verweis auf Polizeikreise, ein zweiter Mann sei festgenommen worden. Er sei im nördlichen Vorort Hjulsta festgesetzt worden und soll eine Verbindung zu dem zuvor verhafteten Mann haben.

Am Donnerstagabend hatte die Polizei bereits eine Person festgenommen, „die Verbindungen zu dem Fall haben kann“, wie es hiess. Der Mann stimme mit Beschreibungen einer Person überein, die sich in der Nähe des Tatorts aufgehalten haben soll. Allerdings handle es sich nicht um den Attentäter.

Im Zentrum von Stockholm war am Nachmittag ein Angreifer mit einem gestohlenen Lastwagen durch eine Einkaufsstrasse gerast und hatte vier Menschen getötet, 15 weitere wurden verletzt, darunter auch Kinder.

Grenzkontrollen

Als Folge davon sollen zehn Tage lang alle Ausreisenden an den Grenzen kontrolliert werden, sagte Schwedens Ministerpräsident Stefan Löfven. Innenminister Anders Ygeman sagte dem schwedischen Rundfunk, die Kontrollen könnten um weitere 20 Tage verlängert werden. „Das ist natürlich wichtig, um einen Täter oder eventuelle Helfer daran zu hindern, das Land zu verlassen und sich einer Festnahme der Polizei zu entziehen.“

Nach der Attacke demonstrierte Ministerpräsident Löfven Entschlossenheit. „Die Terroristen wollen, dass wir Angst haben, sie wollen unser Verhalten verändern, wollen, dass wir unser Leben nicht mehr normal leben, aber das werden wir nicht tun“, sagte Löfven. „Die Terroristen können Schweden niemals besiegen, niemals.“

Der Lastwagen wurde mittlerweile abgeschleppt. Fernsehbilder zeigten, dass auf der rechten Hinterseite Farbe abgeschabt war. Das Fahrzeug der Brauerei Spendrups war am Freitagnachmittag gekapert worden. Der Täter raste damit in eine Einkaufsstrasse und in ein Einkaufszentrum.

Fahrer unter Schock

Die Brauerei erklärte in einem Statement auf ihrer Internetseite: „Unser Fahrer versuchte, das Fahrzeug zu stoppen, indem er sich davor stellte – aber musste zur Seite springen, um nicht überfahren zu werden.“ Der Mann sei leicht verletzt und stehe unter Schock.

Die schwedische Polizei geht nach eigenen Angaben von einem Terroranschlag aus. Sie will vorerst aber keine neuen Informationen veröffentlichen. Dies sei frühestens für Samstagmorgen wieder geplant, twitterte die Polizei in der Nacht. Ministerpräsident Löfven erklärte bereits kurz nach der Tat, alles deute auf einen Terroranschlag hin.

Neben der Schweiz und anderen Ländern verurteilten auch die UNO und die USA den mutmasslichen Terroranschlag scharf. Der Sprecher des US-Aussenministeriums, Mark Toner, sprach den Angehörigen der Opfer sein Mitgefühl aus. Die USA stünden bereit, der schwedischen Regierung Hilfe bei den Ermittlungen anzubieten. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres sagte: „Wir hoffen, dass die Verantwortlichen dieser Attacke schnell zur Rechenschaft gezogen werden.“

Serie von Anschlägen in ganz Europa

In den vergangenen Monaten waren in mehreren europäischen Ländern islamistische Anschläge mit Fahrzeugen verübt worden. Der folgenschwerste ereignete sich am 14. Juli 2016 in Nizza: 86 Menschen wurden getötet. Beim Lastwagen-Anschlag auf den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche am 19. Dezember 2016 starben zwölf Menschen.

In London steuerte am 22. März ein Angreifer ein Auto in eine Gruppe von Passanten und erstach anschliessend einen Polizisten. Alle Anschläge reklamierte die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) für sich.

Foto: Fahndungsfoto nach Stockholmer Anschlag, Text: über dts Nachrichtenagentur

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