Gnadenlos, Kommentar zum geplatzten Pfizer-Deal von Sebastian Schmid

Pharmaindustrie
Die neuen Regeln des US-Finanzministeriums seien „unamerikanisch“, die Übernahme von Allergan durch Pfizer sei gezielt „ins Fadenkreuz“ genommen worden, echauffiert sich Allergan-Chef Brent Saunders nach dem Scheitern der geplanten 160 Mrd. Dollar schweren Übernahme seines Konzerns.

Für Saunders ist das Scheitern mehrfach bitter. Der 45-Jährige durfte sich bereits als künftiger Chef des weltgrößten Pharmakonzerns fühlen. Zwar wäre er zunächst nur COO geworden. Doch die Tage des 62-jährigen Pfizer-CEO Ian Read wären bald gezählt gewesen. Saunders galt als Kronprinz. Zudem wurde Allergan von US-Finanzminister Jacob Lew implizit als Serien-Invertierer gebrandmarkt und damit speziell in den Fokus der neuen Regeln gerückt. Diese zielen nämlich weniger auf Pfizer, die unter bestimmten Bedingungen theoretisch weiterhin eine inverse Übernahme wagen könnte. Allergan ist derweil mit den neuen Maßnahmen als Übernahmeziel für große US-Pharmafirmen verbrannt.

Auch Pfizer dürfte sich allerdings genau überlegen, ob ein derartiges Vorhaben noch einmal angegangen werden sollte. Erste Aussagen von Read deuten nicht darauf hin. Kein Wunder: Lew hatte gleich noch eine Warnung an inversionswillige US-Firmen parat. Man werde weiter nach Wegen suchen, die Abwanderung von US-Firmen über inverse Übernahmen unattraktiver zu machen.

So günstig wie bei Allergan dürfte Pfizer kein zweites Mal scheitern können. Die Break-up Fee von 150 Mill. Dollar deutet darauf hin, dass mit einem Scheitern nicht ernsthaft gerechnet wurde. Die zunehmend schrill nationalistischen Töne im Vorwahlkampf beider Parteien machten es Präsident Barack Obama und dessen Regierung aber einfach, gegen steuerflüchtige US-Firmen vorzugehen.

Diese sind derweil längst nicht das einzige Ziel der Regierung. Am Mittwoch reichte das US-Justizministerium Klage gegen die geplante Übernahme von Baker Hughes durch Konkurrent Halliburton ein. Der Regierung zufolge wird bei einem Zusammenschluss der Wettbewerb in zahlreichen Märkten bei 23 Produkten und Dienstleistungen der Ölfelddienstleister eliminiert. Der oberste Wettbewerbshüter Bill Baer machte den Firmen gleich klar, dass er keine Chance für die Übernahme sieht. „Ich habe noch nie einen Deal gesehen, der so viele kartellrechtliche Probleme in so vielen Märkten aufwirft.“

Der M&A-Markt muss sich wohl auf verschärften Widerstand einstellen. In den letzten Monaten der Präsidentschaft Obamas kennt die US-Regierung wohl keine Gnade mehr.

Quelle: Börsen-Zeitung

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