Gesine Schwan kritisiert Amtsführung von Bundespräsident Steinmeier

Die zweimalige Bundespräsidentschaftskandidatin Gesine Schwan hat die bisherige Amtsführung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kritisiert. „Ich erkenne noch nicht, wo genau er seine Akzente setzen möchte“, sagte Schwan der „Heilbronner Stimme“ (Freitag). „Ich sehe noch nicht so ganz seine Handschrift, außer, dass er sich allgemein für Demokratie einsetzen möchte.“

Seine Stellungnahme zu den Krawallen auf dem G20-Gipfel in Hamburg sei vage ausgefallen. „Dass er zu den G20-Krawallen gesagt hat, man muss so einen Gipfel in einer deutschen Großstadt ausrichten können, ist ja nichts Neues. Zu sagen, die Krawalle dürfen nicht sein, ist sicher richtig, aber das bietet noch keine politische Antwort auf die Gewaltfrage“, sagte Schwan weiter. Die Diskussion um Gewalt durch Linksextremisten bezeichnete die SPD-Politikerin als „wahltaktisch motiviert“: Dass die Gewalttäter mit „links“ nichts zu tun hätten, sei für sie offensichtlich. „Vielleicht mit Ausnahme von einigen Antikapitalismus-Slogans. Aber solche Slogans finden sich ja sowohl auf `rechter` als auch auf `linker` Seite. Links ist für mich, dass man politisch und ohne Gewalt dafür kämpft, dass alle Menschen gleiche Chancen auf Freiheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Selbstbestimmung haben. Das ist für mich ein Lebenswerk. Dafür interessieren sich diese Krawallmacher doch überhaupt nicht.“ Über die sinkenden Umfragewerte für die SPD vor der Bundestagswahl wundere sie sich nicht. „Es ist nicht ganz leicht, eine Partei wieder aufzurichten, wenn drei Landtagswahlen, zum Teil wider Erwarten, verloren gehen“, sagte Schwan. „Aber es ist auch kein ganz ungewöhnlicher Prozess, dass eine Partei nach einem Personalwechsel erst herauf- und dann wieder heruntergeschrieben wird.“ Im Wahlkampf von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz fehle ihr bislang ein klareres Eintreten zu Europa. „Ich selbst würde mir wünschen, dass Martin Schulz viel gezielter und mutiger für Europa wirbt. Er kommt ja aus der europäischen Politik. Europa ist für unsere Existenz in Deutschland doch essenziell. In seinen Reden war Europa immer ein Thema von vielen. Zu Europa alleine hat er bisher noch keine Rede gehalten. Das bedauere ich sehr.“ Im Zusammenwachsen von Europa forderte Schwan eine stärkere Förderung der kommunalen Zusammenarbeit. „Natürlich sind die Nationalstaaten weiter wichtig. Aber für ein Zusammenwachsen Europas müssten die nationalen Regierungen bereit sein, ein bisschen Macht abzugeben. Sie müssten etwa ermöglichen, dass die Europäische Union Kommunen zur Integration von Geflüchteten finanziell direkt unterstützt“, sagte Schwan. Die nationalen Regierungen ließen dies aber bisher nicht zu, weil das ihre Macht mindern würde. „Gerade Deutschland sollte aufgeschlossen sein und versuchsweise einen europäischen Fonds unterstützen.“ Dieser würde Kommunen mit Unternehmern und Akteuren der Zivilgesellschaft fördern, um Integration zu erleichtern. „Das wären positive Ansätze. Die deutsche Europapolitik ist aber bisher viel zu borniert“, klagte die frühere Präsidentin der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder).

Foto: Gesine Schwan, über dts Nachrichtenagentur

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