Mehr Kooperation – die Chance fürs Ruhrgebiet

Statt „im eigenen Saft zu schmoren“, sollte das Ruhrgebiet die Kooperation und Verflechtung mit den angrenzenden Regionen des Rheinlands und Westfalen ausbauen. Das ist die Kernbotschaft eines aktuellen Gutachtens, das die IW Consult GmbH (Institut der deutschen Wirtschaft, Köln) im Auftrag der Niederrheinischen Industrie- und Handelskammer Duisburg-Kleve-Wesel und der Handwerkskammer Düsseldorf erstellt hat und das am Mittwoch, 4. September 2013, in der Landeshauptstadt der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.

Das Ruhrgebiet sei durch eine Ballung sozialer und ökonomischer Risiken gekennzeichnet und auch die wirtschaftliche Dynamik sei in den letzten Jahren verhalten ausgefallen, so lauten zwei der wichtigen Befunde aus dem Gutachten. Vor allem in der Regionalplanung komme es darauf an, die Verflechtung des Ruhrgebiets mit der erfolgreichen Rheinschiene zu verbessern und Synergien zu nutzen. „Angesichts großer Herausforderungen in der Energiepolitik, bei der Mobilität, beim Altersaufbau der Bevölkerung, beim Zustand der Infrastrukturen und den Spielräumen für die Daseinsvorsorge sind Kooperationen innerhalb und des Ruhrgebiets und darüber hinaus ein besonders geeignetes Mittel, um positive Impulse im gesamten Rhein-Ruhr-Raum zu initialisieren“, formulierte der Leiter der Untersuchung, Hanno Kempermann, als zentrale Aussage der Studie.

„Die Debatte um eine Abgrenzung vom Rheinland zum Ruhrgebiet und umgekehrt ist völlig künstlich und entspricht nicht der wirtschaftshistorischen und -geographischen Realität. Um eine kräftige Wirtschaftsdynamik für ganz NRW zu entwickeln, brauchen wir eine engere Vernetzung der Kommunen, keine Abgrenzung. Wie Kooperation gut gelingt, wird bei uns am Niederrhein sichtbar: die wirtschaftlich mittelständisch geprägten Kreise Wesel und Kleve befruchten sich wechselseitig mit dem industriell geprägten Duisburg“, präzisierte der Hauptgeschäftsführer der Niederrheinischen IHK Duisburg-Kleve-Wesel, Dr. Stefan Dietzfelbinger, die Stoßrichtung.

Auch Dr. Axel Fuhrmann, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Düsseldorf, plädierte in seiner Bewertung des Gutachtens nachdrücklich dafür, nicht an der Integration des westlichen Ruhrgebiets in den Regierungsbezirk Düsseldorf zu rütteln. „Gerade die Struktur der Regierungsbezirke ist erfolgreich. Niemandem ist damit gedient, wenn wir in Konkurrenz zu diesen und den Landschaftsverbänden jetzt den Regionalverband Ruhr mit weiteren Kompetenzen ausstatten und nebenbei noch die kommunale Selbstverwaltung im Ruhrgebiet aushöhlen. Wir brauchen in Nordrhein-Westfalen nicht noch mehr Bürokratie, Kompetenzgerangel und altes Denken.“ Fuhrmann wertete die neue Debatte um den RVR als Symptom für eine „politische Kultur, die sich im Mittelmaß gefällt. Wir haben in Nordrhein-Westfalen schon genug regionale Gremien und Räte, die um Zuständigkeiten buhlen und auf Wohlfühlveranstaltungen Innovation und wirtschaftliche Dynamik planen wollen. Was das Land nötiger hat, ist eine konsequent wirtschafts- und beschäftigungsfreundliche Politik, die auf die Eigenverantwortung von Unternehmern und Kommunen setzt.“

In diese Richtung – Stärkung der Subsidiarität – argumentiert auch das Gutachten. Die Expertise empfiehlt konkret mehr Zusammenarbeit von Kommunen und anderen institutionellen Akteuren auf Zukunftsfeldern wie der Fachkräftesicherung und der Energieversorgung, bei der Instandhaltung, beim Ausbau des Verkehrsnetzes und der Bildungseinrichtungen und mahnt „Innovation fördernde“ Flächenplanungen und Forschungskooperationen an.

Hintergrund des Gutachtens war eine Resolution der Vertreterversammlung des Regionalverbands Ruhr vom Frühjahr dieses Jahres. Das „Ruhrparlament“ hatte darin mehr Kompetenzen gefordert: die Wahrnehmung von kommunalen Aufgaben und Auftragsangelegenheiten, mehr Mitsprache in der Verkehrs- und Energiepolitik, größere Spielräume für wirtschaftliche Betätigung und nicht zuletzt eine höhere Besoldung der Verbandsspitze und eine Berücksichtigung bei allgemeinen Zuweisungen aus dem Gemeindefinanzierungsgesetz. Diese Resolution war in den anderen Landesteilen, so durch die Regionalplanungsräte in Arnsberg und Detmold, bereits auf heftige Kritik gestoßen.

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