Innovation: Europa liegt vorne, China holt auf

Bereits zum sechsten Jahr in Folge verteidigt die Schweiz ihren ersten Platz im Global Innovation Index. Das kleine Alpenland gilt als Innovationsführer, der alle anderen Staaten regelmäßig übertrifft. Doch das Ranking zeigt: Der Abstand zum Zweitplatzierten Schweden ist nicht besonders groß. Darauf folgen Großbritannien, die USA, Finnland, Singapur, Irland, Dänemark und die Niederlande. Deutschland schaffte es zum ersten Mal unter die zehn innovativsten Länder der Welt. Fünfzehn der im Global Innovation Index unter den Top 25 aufgeführten Volkswirtschaften befinden sich in Europa.

Erstmals zu den 25 innovativsten Ländern der Welt gehört China. Die Platzierung Chinas bedeutet, dass sich erstmalig ein Land mit mittlerem Einkommen den hoch entwickelten Volkswirtschaften angeschlossen hat. Trotz des Aufstiegs Chinas besteht weiterhin eine „Innovationskluft“ zwischen den Industrie- und Schwellenländern, obwohl zunehmend bekannt ist, dass die Innovationsförderung für eine lebendige, konkurrenzfähige Volkswirtschaft entscheidend ist. Afrikanische und lateinamerikanische Länder sind mit großem Rückstand auf den hinteren Plätzen zu finden. Abgeschlagen auf den letzten Plätzen des insgesamt 128 Länder umfassenden Rankings belegen Jemen, Guinea und Togo.

Die Leitung der einmal jährlich von internationalen Organisationen durchgeführten Untersuchung liegt bei der Ivy League-Universität Cornell, New York. Die Studie achtet neben staatlichen und privatwirtschaftlichen Investitionen in Forschung und Entwicklung unter anderem auf die Anzahl von Patentanmeldungen, die Forschungskraft der Universitäten und die Nachhaltigkeit der Wirtschaft.

Was macht die Schweiz besser als die USA?

Um das zu beantworten, muss erst einmal erklärt werden, wie Innovation definiert wird. Es gibt ja verschiedene Möglichkeiten. Schaut man genau, aus welchen Regionen der Welt die meisten Innovationen kommen, fällt einem normalerweise als erstes das Silicon Valley in den USA ein. Ausschlaggebend ist jedoch die Innovationsfähigkeit jedes einzelnen Landes. Und da erstaunt es nicht, dass die Schweiz immer wieder obenauf schwingt. Sie gehört zu den Ländern mit den höchsten Leistungslevels bei den relevanten Faktoren: Die Schweiz hat eine hervorragende Infrastruktur, ausgezeichnete Institutionen, enorme politische Stabilität und sehr viele talentierte Fachkräfte, die sie sich aus der ganzen Welt holt.

Länder mit weniger guter Basis haben es hingegen schwerer bei der Innovation. Das ist auch der Grund, warum die USA nicht auf Platz 1 rangiert. In der Schweiz haben sie zwar kein Google, kein Facebook und kein Uber erfunden. Aber was gerne vergessen wird: Die USA bestehen aus mehr als dem Technologiesektor. Dort wird zwar exzellente Arbeit geleistet, aber in anderen Bereichen hingegen deutlich weniger: Flughäfen, Straßen und Brücken bröckeln überall vor sich hin, die Politik ist blockiert und auch bei der Landwirtschaft oder in der Pharmaindustrie sind viele Länder deutlich fortgeschrittener als die USA. Trotzdem stehen sie auf Platz 5, was ja auch ziemlich gut ist, gerade für ein so großes Land.

Wie innovativ ist Deutschland?

Deutschland liegt zum ersten Mal unter den Top Ten und damit zwei Plätze besser als im vergangenen Jahr. Die Autoren der Studie loben Deutschland besonders für die Qualität seiner Innovationen. Diese basierten auf der Qualität der Universitäten im Land, der Internationalisierung der Erfindungen und der Anzahl der Erwähnungen deutscher Forschungsdokumente im Ausland.

Damit Deutschland ein innovatives Land bleibt, braucht es die Unterstützung und Förderung der Forschung sowie Investitionen in Unternehmen und Unternehmensgründer. Es gibt bisher noch keine erfolgreiche Schnittstelle für den kontinuierlichen und zeitnahen Transfer aus der Forschung in die Wirtschaft. Die Gründerkultur in Deutschland erhält nicht dieselbe finanzielle Unterstützung wie beispielsweise marode Banken.

In Bayern funktioniert die Innovationspolitik besser. Der Transfer von Wissenschaft zu Wirtschaft gelingt hier sehr gut. Der Freistaat gehört in Europa zur Gruppe der Innovationsführer. Firmengründungen zu unterstützen, den Technologietransfer zu fördern und die Forschungsinfrastruktur auszubauen, gehören zu den wichtigsten Instrumenten bayerischer Innovationspolitik.

Wichtige Wachstumsbranchen hingegen verschwinden zusehends aus Deutschland. Dazu zählen der höchstinnovative Bereich digitaler Informations- und Kommunikationstechnik mit seinen kreativen Dienstleistungsentwicklungen, die Biotechnik, die Pharmazie und die logistische Innovation im Handel. Es genügt nicht, neue Technologien an den Universitäten und Forschungseinrichtungen zu entwickeln. Die Erfindungen müssen schnell mit brauchbaren Geschäftsmodellen verknüpft werden. Genau hier werden deutliche Investitionshemmnisse für junge Unternehmen sichtbar. Mehr Wagniskapital und Unternehmensgründungsanreize wären dringend erforderlich. Kreativität braucht Spielräum, „Cross-Disziplinarität“, ein Unterstützungsklima des Ausprobierens und auch des „Scheitern-Dürfens“. Das Bildungswesen müsste sich endlich von der Effizienzlogik befreien.

Wie kann man Innovation fördern?

Gute Infrastruktur, stabile und verlässliche Regulierungen und Gesetze, ein gutes Bildungssystem, das Anziehen und Fördern von Fachkräften, funktionierende Verbindungen zwischen Universitäten und der Wirtschaftswelt, Zugang zu Investitionskapital. Für den Einzelnen sind ebenso gut, inspirierende Vorbilder ganz wichtig. Junge Menschen lassen sich gerne inspirieren. Innovation entsteht grundsätzlich aus zwei Gründen: Verzweiflung oder Inspiration. Erfolgreiche Rollenmodelle im eigenen Land zu haben, ist deshalb gerade in den Industrieländern entscheidend. Kreativität gibt es im Überfluss, mangelnde Ideen sind eigentlich nie das Problem. Daraus dann aber etwas Erfolgreiches machen ist schon schwieriger. Die genannten Bedingungen helfen dabei; denn auf dem Weg zur Umsetzung stößt jede Innovation auf Hürden und einige scheitern auch daran. An den vorgestellten Zahlen wird jedoch sichtbar, dass sich Deutschland auf einem guten Weg befindet.

Grafik: © Statista

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