Der Ton macht die Musik, Kommentar zu Gabriels China-Reise von Norbert Hellmann

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel ist mit einer deutschen Delegation auf China-Besuch. Er hätte besonders harmonisch ausfallen können, der 1. November: Die für deutsche Belange so wichtige chinesische Industrie erhält wieder konjunkturellen Aufwind, und im Disput über unerwünschte Vorstöße chinesischer Unternehmen bei deutschen Technologiefirmen wie Aixtron, Kuka und Osram sowie mangelnde Öffnung des chinesischen Marktes für deutsche Firmen finden sich Kompromisse, die beiden Seiten zum Vorteil gereichen.

Ganz so harmonisch ist es freilich nicht gekommen. Greift man sich nach chinesischer Sitte zunächst einmal die positiven Dinge heraus, dann bringen Chinas neue Einkaufsmanagerdaten gute Botschaften zur Erstarkung des Industriesektors und Stabilisierung der Konjunktur, die deutsche Exporteure und China-Manager erfreuen werden. Was wiederum Gabriels Mission angeht, sah man zunächst Dissonanzen und wilde Gerüchte über abgesagte Termine.

Nun, Gabriel wurde vom chinesischen Premier empfangen, hatte ein langes Gespräch mit dem Handelsminister und versicherte anschließend, der deutschen Wirtschaft sei nicht die „kalte Schulter“ gezeigt worden. Offen bleibt allerdings, ob es wirklich konstruktive Gespräche gab, die deutsche Anliegen weiterbringen.

Gabriels Reise ist von atmosphärischen Spannungen überlagert, die sich als wenig hilfreich erweisen. Sie entstanden dadurch, dass der Minister unmittelbar nach Widerrufung der Genehmigung für die Aixtron-Übernahme durch einen chinesischen Investor laute Tiraden über die mangelnde Chancengleichheit für deutsche Unternehmen vom Stapel ließ und die Diskussion um chinesische Stahlexporte und die EU-Anerkennung des sogenannten Marktstatus Chinas im Rahmen der WTO gleich mit dazupackte.

Aus chinesischer Sicht wirkt die Blockade des Aixtron-Deals erst damit wie ein echter Affront eines auf Krawall gebürsteten Wirtschaftsministers, was ganz und gar nicht zur bisherigen Tonlage im deutsch-chinesischen Wirtschafts- und Interessenaustausch passt. Damit sind auf die Schnelle keine Konzessionen für deutsche Unternehmen in China herauszuschlagen. Gabriel sagte am Dienstag, er erwarte, dass die Investitionsbedingungen in China nicht restriktiver werden. Das werden sie aller Voraussicht nach nicht, aber Hoffnungswerte für eine Verbesserung des Klimas kann man derzeit nur aus den Konjunkturdaten und nicht aus den deutsch-chinesischen Wirtschaftsgesprächen schöpfen.

Quelle: Börsen-Zeitung

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