FDP-Basis fordert Mitgliederentscheid über Atomkraft

Die Unzufriedenheit der FDP-Basis mit der Ampel-Koalition führt erneut zu einer Initiative, die die Parteiführung um den Vorsitzenden Christian Lindner in Bedrängnis bringen könnte. Nach einem Brandbrief von 26 Kommunalpolitikern sowie einem Aufruf des FDP-Kreisverbands Kassel-Stadt zum Ausstieg aus der Ampel geht es nun um einen Mitgliederentscheid zur Atomkraft, wie die „Welt“ (Dienstagsausgabe) berichtet. Soll die FDP-Bundestagsfraktion ein Gesetz in das Parlament einbringen, das die Wiederaufnahme des Betriebs von sieben stillgelegten Kernkraftwerken sowie den Bau neuer, moderner Meiler verlangt? Diese Frage möchten André Thess und Johannes Baare den liberalen Parteimitgliedern zur Abstimmung vorlegen.

Am Montag haben Thess, der als Professor an der Universität Stuttgart zu Energiespeicherung und Energiewandlungstechnologien forscht und dem Landesverband Baden-Württemberg angehört, und Baare aus dem Landesverband Schleswig-Holstein eine entsprechende Initiative gestartet. Eine zugleich versorgungssichere, kostengünstige und umweltfreundliche Energieversorgung eines Industrielandes wie Deutschland sei langfristig nur durch die Kombination „Sonne, Wind und Kerne“ erreichbar, sagte Thess der „Welt“: „Deutschland sollte deshalb seinen nationalen Alleingang in puncto Kernenergie beenden und in der Energiepolitik stärker auf unseren EU-Partner Frankreich zugehen.“ Baare mag nicht akzeptieren, „dass die Frage der Energieversorgungsinfrastruktur Deutschlands zur politisch-ideologischen Verfügungsmasse verkommt“.

Er hoffe, „mit unserer Initiative diejenigen FDP-Mitglieder zu erreichen, die wie wir grüne Industriepolitik und Strompreissubventionen für einen Irrweg halten“. Neun Professoren aus verschiedenen Forschungsfeldern von Wirtschaftswissenschaften über Energietechnik bis Philosophie und Wirtschaftsethik konnten bereits als externe Unterstützer gewonnen werden, darunter Stefan Kooths vom Kieler Institut für Weltwirtschaft. Um tatsächlich einen Mitgliederentscheid zu erzwingen, braucht es laut Paragraf 21 der FDP-Bundessatzung die Unterstützung von fünf Prozent der rund 77.000 Parteimitglieder, das sind rund 3.800 Inhaber eines Parteibuchs.

Alternativ wären fünf Landes- oder 100 Kreisverbände erforderlich, die sich das Anliegen zu eigen machen. Thess und Baare haben eine Website geschaltet, um Unterstützer zu sammeln. Es ist innerhalb weniger Wochen die bereits dritte Initiative der Parteibasis, die ihrem Unmut über die Ampel-Regierung Luft macht.

Da war zunächst der „Weckruf Freiheit“, ein offener Brief von 26 liberalen Kommunalpolitikern aus sieben Bundesländern, in dem die Partei- und Fraktionsspitze sowie die Bundesminister aufgefordert wurden, „ihre Koalitionspartner dringend“ zu überdenken. Mit derlei Argumentationen hält sich ein Aufruf des FDP-Kreisverbands Kassel-Stadt gar nicht erst auf. Der hat eine Website online gestellt, auf der es heißt: „Sie sind Mitglied der FDP und wollen ein Ende der Ampel-Koalition auf Bundesebene? Dann sind Sie hier richtig.“

Auch diese Basismitglieder streben einen Mitgliederentscheid an und sammeln dafür Unterstützerstimmen. (dts Nachrichtenagentur)

Foto: Abstimmung auf FDP-Parteitag April 2023 (Archiv), über dts Nachrichtenagentur

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