Was bedeutet das Lieferkettengesetz für kleine Unternehmen?

Der Teufel steckt im Detail. Das debattierte Lieferkettengesetz, das dazu beitragen soll, Menschenrechte in den Hersteller- und Zuliefererländern einzuhalten und Ausbeutung zu verhindern, stellt die deutschen Unternehmen vor Pobleme. Im Klartext geht es darum, deutsche Produzenten in die Verantwortung zu nehmen, wenn ein an der Lieferkette beteiligtes Unternehmen im Ausland gegen Menschenrechte verstößt.

Was auf den ersten Blick wünschenswert und vielleicht sogar notwendig erscheint, löst jedoch nicht die Schwierigkeiten bei der Umsetzung, vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen. Obwohl moderne Technologien wie Videokonferenzen und sogar Firmenbesichtigungen per Videokamera die Zusammenarbeit auch international erleichtern, ersetzen sie nicht die Kontrolle vor Ort. Das kann kostspielig und kompliziert werden und ist selbst in wirtschaftlich rosigen Zeiten ein nicht unerheblicher Faktor, was die Profitabilität betrifft.

Dass die derzeitige Situation alles andere als ideal ist, ist unbestritten. Spätestens seit dem Verdacht, dass in China Angehörige der muslimischen Uiguren-Minderheit zwangsinterniert werden und in den Lagern auch für internationale Unternehmen Arbeit leisten, wird der Lieferkette neue Aufmerksamkeit geschenkt. Aber in Ländern wie dem Produktionsriesen und Billighersteller China und anderen Nationen in Asien, Afrika und sogar Südamerika ist es schwierig, die Bedingungen vor Ort kontinuierlich zu überprüfen.

Aufgrund der fast weltweiten Rezession kommt hinzu, dass die Margen für Unternehmen arg zusammengeschmolzen sind. Werden die Produktionskosten im Ausland durch das Lieferkettengesetz weiter in die Höhe getrieben, wird damit gerechnet, dass zumindest kleinere Betriebe davor zurückschrecken könnten, in Afrika oder Asien zu investieren. Für die von Armut geplagten Länder bedeutet das noch stärkere Abhängigkeit von internationalen Hilfsleistungen in Zeiten, in denen die Erste-Welt-Länder selbst nach Wegen zum Sparen suchen.

Einige deutsche Unternehmen haben bereits ohne Lieferkettengesetz die Zusammenarbeit mit Unternehmen beendet, sobald der starke Verdacht auf Zwangsarbeit aufgekommen ist.

Auch in anderen europäischen Länden sind Lieferketten ein Thema. In Frankreich ist seit 2017 das „Loi de Vigilance“ in Kraft, mit dem auf die Einhaltung von Menschenrechten in den Betrieben in Herstellerländern geachtet wird. Großbritannien hat seit 2015 den „Modern Slavery Act“, mit dem gegen moderne Sklavenarbeit vorgegangen werden soll. Dazu gehören das Arbeiten zu Hungerlöhnen, aber auch Kinderarbeit.

Außer den Kosten und Schwierigkeiten bei der Umsetzung vor Ort fehlen auch großen Unternehmern bei dem deutschen Entwurf die entscheidenden Details.

Während das Lieferkettengesetz und die französischen und britischen Varianten dazu geeignet sind, die Entwicklung von Rahmenbedingungen für die Einforderung und Kontrolle von menschenrechtskonformen Bedingungen bei den Lieferanten zu schaffen, so müssen diese auch geregelt sein. Das fängt mit der jeweiligen Branche an, da nicht alle Lieferketten gleich sind, was die Zahl der Beteiligten, den Umfang und das Risiko angeht. Hinzu kommen Fragen, wer die Beweislast zu tragen hat und wo die Gerichtsbarkeit für etwaige Dispute sitzen soll. Was ist ein- oder anklagbar, und wie ist es, wenn die Rechtslage in einem anderen, ebenfalls betroffenen, Herstellerland anders aussieht? Sollen Verbindlichkeiten nach nationalem und internationalem Recht kumulierbar sein?

Für deutsche Unternehmen, die aufgrund ihrer hohen Standards international als Partner begehrt sind, sind das Unwägbarkeiten, die manche Zusammenarbeiten zu riskant machen, wenn das diskutierte Gesetz als rein nationales Gesetz ohne starken internationalen Rahmen so in Kraft tritt.

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