Die Piraten – Eintagsfliege oder Aufsteigerpartei?

Als sich die Piraten im Jahre 2006 gegründet hatten, war es noch recht klar, worum es ihnen ging: es ging ums Internet, freien Download aus dem Internet und somit um Rechtssicherheit und freie Teilhabe für alle Nutzer des Internets. Der damalige Hintergrund hierzu ist auch mit wenigen Worten erklärt. Die Idee der Gründung von Piratenparteien stammt ursprünglich aus Schweden, wo einige Zeit zuvor ein paar spektakuläre Urteile in Sachen Copyright und dem damit verbundenen Download aus dem Internet gefällt wurden. Die Gerichte hatten harte Strafen gegen Filesharer verhängt, weil diese urheberrechtlich geschützte Files wie Musik- und Filmdateien über das Netz verbreitet hatten. Der Protest gegen diese Urteile hatte zu Gründung der Piratenpartei in Schweden geführt. Was Erfolg hat, findet Nachahmer – so einfach lässt sich wohl die Gründung der Piratenpartei in Deutschland erklären. An Menschen mit einer Affinität zum Internet mangelt es in Deutschland nicht, auch einer der Gründe, warum die Piraten anfänglich einen Riesenerfolg auf der politischen Bühne verzeichnen konnten. Ziel war und ist in Teilen heute noch, an der „Digitalen Revolution“, wie der zunehmende Wandel unserer Gesellschaft zur Informationsgesellschaft von der Partei selbst genannt wird, mitzuwirken. Dabei richtete sich das Streben in erster Linie gegen staatliche Regulierung im Internet. Mittlerweile hat sich allerdings ein Wandel vollzogen, der sicher auch auf die letzten Wahlerfolge zurückzuführen ist. Obwohl Netzpolitik noch immer Kernpunkt der Arbeit darstellt, bezeichnet sich die Piratenpartei heute als sozialliberale Grundrechtspartei, was ihr Ziel, politische Transparenz durchzusetzen, charakterisieren soll.

Die vorliegende Grafik gibt Auskunft über die Entwicklung der Piratenpartei in den sechs Jahren ihres Bestehens (Grafik: Statista).

Noch weiße Flecken auf der Landkarte

Im ersten Bild der vorliegenden Grafik können wir sehen, in welchen Bundesländern es die Piraten in die Landtagsparlamente geschafft haben: Schleswig-Holstein, Berlin, Nordrhein-Westfalen und das Saarland haben in ihren Landtagen Abgeordnete der Piratenpartei. Die Sonntagsfrage (Wen würden Sie wählen, wenn am nächsten Sonntag Wahlen wären?) wird in Niedersachsen, Thüringen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern positiv für die Piraten beantwortet – hier dürften sie sich über mehr als fünf Prozent der Stimmen und somit einen Einzug in die Parlamente freuen. Lediglich die restlichen vier der sogenannten „Neuen Länder“ – Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Sachsen haben noch Vorbehalte gegen die neue politische Richtung und zeigen den Piraten weiterhin die kalte Schulter. Man darf fragen, wie lange noch? Im rechten Teil der Grafik sehen wir die Meilensteine der Piratengeschichte tabellarisch aufgezeichnet – von der Gründung 2006 bis heute.

Mitgliederzuwachs – Warnsignale für die Etablierten?

Betrachtet man den zweiten Teil der Grafik, wird eindrucksvoll deutlich, dass sich die Mitgliederzahlen der Piratenpartei von Dezember 2010 bis August 2012 – einem Zeitraum von etwas mehr als anderthalb Jahren – mehr als verdreifacht haben. Der aktuelle Mitgliederstand wird mit 34.322 beziffert. Vergleicht man den Zuwachs der Piraten mit dem Schwund der etablierten Parteien, stellt sich durchaus die Frage, ob sich die Letztgenannten, wirklich ernsthafte Sorgen machen sollten.

Fünf-Prozent-Hürde scheint kein Hindernis zu sein

Beim Blick auf die dritte Grafik, die einen Überblick liefert, wie die Piraten bei der Sonntagsfrage von September 2011 bis heute abgeschnitten hätten, wird zwar deutlich, dass die Partei momentan wieder an Boden zu verlieren scheint. Den höchsten Wert erreichten die politischen Newcomer im April 2012 mit runden 13 Prozent. Damals hätten mehr als 12 Prozent der Befragten die Piratenpartei in den Bundestag gewählt. Aktuell sind sie wieder auf zirka sechs Prozent abgestürzt. Grund dafür dürften unter anderem die häufigen Querelen innerhalb der Partei sein, aber auch die Feststellung der Schwierigkeiten des politischen Alltags, nachdem die Anfangseuphorie verflogen ist. Viele trauen der Partei auch keine wirtschaftliche Kompetenz zu. Aber immerhin: ein eindeutiger Einzug in den Bundestag scheint ihnen gewiss, an der Fünf-Prozent-Klausel sollten sie nach derzeitiger Stimmungslage nicht scheitern.

Regieren wird nicht einfacher

Gelingt es den Piraten tatsächlich, bei der nächsten Wahl in den Deutschen Bundestag zu kommen, würde das Spektrum in unserem Parlament deutlich bunter: CDU, SPD, Die Grünen, eventuell die FDP und /oder Die Linke sowie die Piraten. Nun wird das nicht das ganze Politikgeschäft umkrempeln, aber ein anderes Regieren wird es wohl werden. Je mehr Alternativen zur Auswahl stehen, desto klarer wird man sich selbst positionieren müssen. Eine Herausforderung für alle Parteien. Vielleicht beschäftigt sich der Wähler wieder mehr mit den Inhalten, die zur Wahl stehen (wobei die Piraten wohl noch deutlich nachbessern sollten), anstatt nur für das kleinere von zwei Übeln zu stimmen. Für einen Kanzler oder Kanzlerin wird es möglicherweise weniger einfach werden, schnell zu klaren Mehrheiten für wichtige Entscheidungen zu kommen. Aber: Politik ist die Kunst der Kompromisse, und diese müssen nun eben zwischen mehreren Beteiligten gefunden werden.

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