Die Europäische Union (EU) plant, ihre Beziehungen zu den syrischen Rebellengruppen, insbesondere der „Hayat Tahrir al-Sham“ (HTS), auszubauen. Dies ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer möglichen Lösung des langjährigen Konflikts in Syrien.
Hintergrund des Konflikts
Der Syrische Bürgerkrieg begann 2011 als Teil des Arabischen Frühlings, bei dem Demonstranten den Rücktritt von Präsident Baschar al-Assad forderten. Das brutale Vorgehen der Regierungstruppen führte jedoch dazu, dass sich aus den ursprünglich friedlichen Protesten ein bewaffneter Konflikt entwickelte. Im Laufe der Jahre haben sich zahlreiche Rebellengruppen gebildet, die um die Kontrolle über das Land kämpfen.
Eine der einflussreichsten Gruppierungen ist die „Hayat Tahrir al-Sham“ (HTS), die aus dem früheren Nusra-Front-Ableger der Terrororganisation al-Qaida hervorgegangen ist. Die HTS kontrolliert weite Teile der nordwestlichen Provinz Idlib und ist damit zu einem wichtigen Akteur im Syrienkonflikt geworden.
Die EU-Kommission und der Kontakt zu den Rebellen
Vor diesem Hintergrund hat die EU-Kommission nun beschlossen, den Kontakt zu den syrischen Rebellen, insbesondere der HTS, auszubauen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen befindet sich derzeit zu einem Besuch in der Türkei, um die Situation vor Ort zu sondieren.
Die Türkei spielt eine zentrale Rolle im Syrienkonflikt, da sie an der Grenze zu Syrien liegt und Truppen in der Region stationiert hat. Außerdem unterstützt die Türkei verschiedene Rebellengruppen in Nordsyrien, darunter auch die HTS. Daher ist es wichtig, dass die EU-Kommission bei ihren Bemühungen um einen Kontaktaufbau mit den Rebellen eng mit der Türkei zusammenarbeitet.
Ziele des Kontaktaufbaus
Mit dem Aufbau von Beziehungen zu den syrischen Rebellen, insbesondere der HTS, verfolgt die EU mehrere Ziele:
1. Einflussnahme auf die Rebellen
Durch den direkten Kontakt hofft die EU, Einfluss auf die Rebellen ausüben und sie zu einer moderateren Politik bewegen zu können. Die HTS ist aufgrund ihrer Verbindungen zu al-Qaida weiterhin als Terrororganisation eingestuft, weshalb es wichtig ist, dass sie sich von extremistischen Positionen distanziert.
2. Verbesserung der humanitären Lage
Der Syrienkonflikt hat zu einer dramatischen humanitären Krise geführt. Millionen Menschen sind auf der Flucht oder leben unter schwierigsten Bedingungen. Durch den Kontakt zu den Rebellen erhofft sich die EU, die Versorgung der Zivilbevölkerung in den von ihnen kontrollierten Gebieten verbessern zu können.
3. Förderung eines politischen Prozesses
Letztendlich soll der Kontaktaufbau dazu beitragen, einen politischen Lösungsprozess für den Syrienkonflikt in Gang zu bringen. Dafür ist es wichtig, dass alle relevanten Akteure, auch die Rebellengruppen, in Verhandlungen eingebunden werden.
Herausforderungen und Risiken
Der Kontaktaufbau mit den syrischen Rebellen birgt jedoch auch Herausforderungen und Risiken:
1. Legitimationsfrage
Die Unterstützung von Rebellengruppen, die teilweise extremistische Positionen vertreten, könnte in der Öffentlichkeit auf Kritik stoßen. Die EU muss daher sorgfältig abwägen, wie weit sie gehen kann, ohne ihre eigenen Werte und Prinzipien zu kompromittieren.
2. Sicherheitsrisiken
Der Kontakt zu Rebellengruppen wie der HTS birgt auch Sicherheitsrisiken. Es besteht die Gefahr, dass extremistische Kräfte von den Kontakten profitieren und ihre Positionen stärken könnten. Die EU muss daher äußerst vorsichtig vorgehen, um solche Entwicklungen zu verhindern.
3. Koordination mit anderen Akteuren
Der Syrienkonflikt ist sehr komplex, mit zahlreichen beteiligten Akteuren wie Russland, dem Iran oder den Vereinigten Staaten. Die EU muss ihre Bemühungen daher sorgfältig mit diesen Akteuren abstimmen, um Konflikte zu vermeiden und eine kohärente Strategie zu verfolgen.
Trotz dieser Herausforderungen sehen viele Experten den Kontaktaufbau der EU zu den syrischen Rebellen als wichtigen Schritt an. Nur durch den Dialog mit allen relevanten Akteuren kann eine tragfähige Lösung für den Syrienkonflikt gefunden werden. Die EU hat hier eine wichtige Vermittlerrolle, die sie nun aktiv wahrzunehmen beginnt.
