Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat die Kritik aus Bayern am Bund nach der Gewalttat von Aschaffenburg entschieden zurückgewiesen. In einer Pressekonferenz in Berlin betonte sie, dass die bayerischen Behörden Rechenschaft darüber ablegen müssen, warum der Täter trotz mehrfacher Gewaltdelikte noch auf freiem Fuß war.
„Offenbar sind in Bayern dort auch einige Dinge schiefgelaufen“, sagte Faeser weiter. Sie bezeichnete die Reaktion der bayerischen Politiker als „befremdlich“ und machte deutlich, dass der Bund seine Verantwortung in dieser Sache erfüllt habe.
Kritik an mangelnder Kommunikation zwischen Bund und Ländern
Die Äußerungen der Bundesinnenministerin stoßen in Bayern auf harsche Kritik. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) warf Faeser vor, die Verantwortung einseitig auf die bayerischen Behörden abzuwälzen. „Statt Schuldzuweisungen brauchen wir eine ehrliche Fehleranalyse und ein vertrauensvolles Zusammenwirken von Bund und Ländern“, betonte er.
Auch Innenminister Joachim Herrmann (CSU) kritisierte das Vorgehen Faesers scharf. „Die Bundesinnenministerin sollte besser mit den Ländern zusammenarbeiten, statt ständig Vorwürfe zu erheben“, sagte er. Er machte deutlich, dass es an einem effektiven Informationsaustausch zwischen Bund und Ländern mangele, was die Arbeit der Sicherheitsbehörden erheblich erschwere.
Forderung nach mehr Kompetenzen für Länder in Sicherheitsfragen
Die Kontroverse zwischen Bund und Bayern zeigt, dass es in Sicherheitsfragen Klärungsbedarf zwischen den Verantwortlichen gibt. Viele Experten sehen die Notwendigkeit, die Kompetenzen der Länder in diesem Bereich zu stärken.
„Die Länder müssen mehr Befugnisse bekommen, um schnell und effektiv auf Bedrohungen reagieren zu können“, fordert der Vorsitzende des Deutschen Richterbundes, Sven Rebehn. Er kritisiert, dass die Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern oft unklar seien, was die Arbeit der Sicherheitsbehörden erheblich erschwere.
Auch der Präsident des Bayerischen Städtetags, Markus Pannermayr, plädiert für eine Stärkung der föderalen Strukturen im Sicherheitsbereich. „Die Länder kennen ihre regionalen Gegebenheiten am besten und müssen daher mehr Entscheidungsgewalt bekommen“, betont er.
Forderung nach bundesweiter Strategie gegen Extremismus
Neben der Debatte um Kompetenzen fordern viele Experten auch eine stärkere Koordination der Sicherheitsbehörden auf Bundesebene. Insbesondere im Kampf gegen Extremismus sei eine bundesweite Strategie erforderlich, um effektiv vorgehen zu können.
„Wir brauchen endlich eine umfassende Extremismus-Strategie, die alle Formen des Extremismus in den Blick nimmt“, sagt der Präsident des Deutschen Städtetags, Markus Lewe. Nur so könne man die unterschiedlichen Bedrohungen gezielt angehen und Synergien zwischen den Behörden schaffen.
Auch der Kriminologe Christian Pfeiffer plädiert für eine stärkere Bündelung der Kräfte auf Bundesebene. „Die Sicherheitsbehörden müssen endlich aus ihren Silos herauskommen und enger zusammenarbeiten“, fordert er. Nur so könne man die wachsenden Herausforderungen wie Cyberkriminalität, Rechtsextremismus oder islamistischen Terrorismus effektiv bekämpfen.
Forderung nach mehr Prävention und Deradikalisierung
Neben strukturellen Reformen fordern viele Experten auch eine Stärkung der Präventions- und Deradikalisierungsarbeit. Nur so könne man langfristig Gewaltbereitschaft und Extremismus in der Gesellschaft entgegenwirken.
„Wir müssen viel mehr in Prävention investieren, um Menschen erst gar nicht auf den Pfad der Radikalisierung geraten zu lassen“, betont der Kriminologe Pfeiffer. Dafür brauche es gut ausgestattete Präventionsprogramme, die in Schulen, Gemeinden und sozialen Einrichtungen verankert sind.
Auch der Generalsekretär des Deutschen Caritasverbandes, Wohlfarth, plädiert für einen Ausbau der Deradikalisierungsarbeit. „Wir müssen Wege finden, um Extremisten aus ihrer Ideologie herauszuholen und ihnen eine Perspektive zu bieten“, sagt er. Dafür seien professionelle Ausstiegshilfen und eine enge Zusammenarbeit zwischen Sicherheitsbehörden und Sozialarbeit unerlässlich.
Insgesamt zeigt die Debatte nach der Gewalttat in Aschaffenburg, dass es in Sicherheitsfragen dringenden Handlungsbedarf gibt. Bund und Länder sind gefordert, ihre Zusammenarbeit zu verbessern, Kompetenzen zu klären und neue Strategien im Kampf gegen Extremismus zu entwickeln. Nur so kann das öffentliche Sicherheitsgefühl langfristig gestärkt werden.
