Jeder Zehnte arbeitssüchtig – Hohes Krankheitsrisiko

Jeder Zehnte arbeitssüchtig - Hohes Krankheitsrisiko

Laut einer aktuellen Studie im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung sind in Deutschland zehn Prozent der Erwerbstätigen arbeitssüchtig. Das bedeutet, dass sie nicht nur exzessiv, sondern auch zwanghaft arbeiten. Diese Zahl ist alarmierend, da Arbeitssüchtige ein deutlich höheres Risiko für gesundheitliche Probleme aufweisen.

Schlechterer Gesundheitszustand bei Arbeitssüchtigen

Besonders gravierend ist, dass 28 Prozent der Arbeitssüchtigen ihren Gesundheitszustand als weniger gut oder sogar schlecht einstufen. Das ist mehr als doppelt so viel wie bei Beschäftigten, die ein normales Arbeitsverhältnis haben. Die Studienautoren vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) und der TU Braunschweig warnen, dass Arbeitssüchtige deutlich kränker sind als der Durchschnitt der Erwerbstätigen.

Vielfältige gesundheitliche Beschwerden

Neun von zehn Arbeitssüchtigen melden innerhalb eines Jahres im Durchschnitt sieben verschiedene Beschwerden. Diese reichen von Rückenschmerzen und Problemen mit Muskeln und Skelett bis hin zu psychosomatischen Symptomen wie Schlafstörungen und Niedergeschlagenheit. Dieses breite Spektrum an gesundheitlichen Problemen zeigt, wie belastend und gesundheitsschädlich das Phänomen der Arbeitssucht sein kann.

Erhöhtes Risiko für Burnout und Depressionen

Laut den Forschern sind Arbeitssüchtige besonders gefährdet, an Burnout und depressiven Verstimmungen zu erkranken. Diese Erkrankungen können wiederum zu längeren Ausfallzeiten und Arbeitsunfähigkeit führen. Somit haben Arbeitssüchtige nicht nur ein persönliches Gesundheitsrisiko, sondern ihre Erkrankungen können auch betriebliche und gesamtgesellschaftliche Folgen haben.

Gesellschaftliche Auswirkungen der Arbeitssucht

Belastung für Unternehmen und Volkswirtschaft

Die Forscher sehen die Arbeitssucht nicht nur aus der Perspektive der betroffenen Arbeitnehmer als problematisch, sondern auch für Unternehmen und die Gesamtgesellschaft. Längere Ausfallzeiten aufgrund von Burnout oder Depressionen können zu Unterbrechungen in der Produktion und Wertschöpfungskette führen. In Zeiten des Fachkräftemangels infolge des demografischen Wandels sind Arbeitskräfte schon jetzt in vielen Branchen knapp. Ausfälle von Arbeitssüchtigen verschärfen dieses Problem zusätzlich.

Hohe Kosten für Gesundheitssystem

Neben den Produktionsausfällen für Unternehmen verursacht die Arbeitssucht auch erhebliche Kosten für das Gesundheitssystem. Die vielfältigen gesundheitlichen Beschwerden der Arbeitssüchtigen führen zu häufigeren Arztbesuchen, Krankenhausaufenthalten und Arbeitsunfähigkeitszeiten. Diese Kosten müssen letztlich von der Gesellschaft getragen werden. Experten fordern daher, das Phänomen der Arbeitssucht stärker in den Fokus zu rücken und Präventionsmaßnahmen zu entwickeln.

Ursachen und Risikofaktoren der Arbeitssucht

Hoher Leistungsdruck und Konkurrenz am Arbeitsplatz

Als eine wesentliche Ursache für die Zunahme der Arbeitssucht wird der gestiegene Leistungsdruck in vielen Berufen genannt. Der Wettbewerb und die Konkurrenz am Arbeitsplatz sind in den letzten Jahren deutlich gewachsen. Viele Beschäftigte fühlen sich gezwungen, ständig mehr zu leisten, um ihren Arbeitsplatz zu sichern oder beruflich voranzukommen. Diese Anspannung kann in eine ungesunde Arbeitsmotivation münden.

Unsichere Arbeitsverhältnisse und hohe Arbeitsbelastung

Hinzu kommen häufig unsichere Arbeitsverhältnisse mit befristeten Verträgen oder Angst vor Arbeitsplatzverlust. Viele Beschäftigte versuchen, durch Überstunden und Mehrarbeit, ihre Position im Betrieb abzusichern. Gleichzeitig steigt die Arbeitsverdichtung in vielen Branchen, sodass Pausen und Erholungsphasen immer seltener werden. Diese Gemengelage aus Leistungsdruck, Arbeitsplatzunsicherheit und hoher Arbeitsbelastung fördert die Entwicklung von Arbeitssucht.

Mangelnde Work-Life-Balance

Ein weiterer Risikofaktor ist der Mangel an Work-Life-Balance. Viele Arbeitssüchtige vernachlässigen ihre Freizeit, Hobbys und sozialen Beziehungen zugunsten der Arbeit. Sie verlieren den Kontakt zu Familie und Freunden und entwickeln eine einseitige Fokussierung auf den Beruf. Diese Entgrenzung von Arbeit und Privatleben begünstigt die Entstehung einer ungesunden Arbeitsmotivation.

Persönliche Prägungen und Persönlichkeitsmerkmale

Neben den strukturellen Faktoren am Arbeitsplatz spielen auch persönliche Prägungen und Persönlichkeitsmerkmale eine Rolle. Perfektionismus, Leistungsstreben, Ungeduld und ein ausgeprägter Pflichtbewusstsein können Risikofaktoren für die Entwicklung von Arbeitssucht sein. Betroffene haben oft Schwierigkeiten, Grenzen zu setzen und Nein zu sagen.

Gegenmaßnahmen und Präventionsansätze

Sensibilisierung von Arbeitnehmern und Führungskräften

Um das Problem der Arbeitssucht wirksam anzugehen, fordern Experten eine stärkere Sensibilisierung sowohl auf Seiten der Arbeitnehmer als auch der Führungskräfte. Arbeitnehmer müssen für Warnsignale einer Arbeitssucht sensibilisiert werden und lernen, Grenzen zu setzen. Gleichzeitig braucht es Führungskräfte, die Überforderung und Arbeitssucht frühzeitig erkennen und Gegenmaßnahmen ergreifen.

Betriebliche Gesundheitsförderung und Work-Life-Balance

Auf betrieblicher Ebene sind verstärkte Anstrengungen in der Gesundheitsförderung notwendig. Dazu gehören zum einen Angebote zur Stressreduktion und Burnout-Prävention. Zum anderen sollten Unternehmen die Work-Life-Balance ihrer Mitarbeiter aktiv unterstützen, etwa durch flexible Arbeitszeitmodelle oder Homeoffice-Möglichkeiten. Eine ausgewogene Balance zwischen Beruf und Privatleben kann der Entwicklung von Arbeitssucht vorbeugen.

Psychologische Beratung und Therapie

Für Arbeitssüchtige selbst sind psychologische Beratung und gegebenenfalls eine Therapie wichtig. Fachleute können den Betroffenen dabei helfen, die zugrundeliegenden Ursachen ihrer Arbeitssucht zu erkennen und gesündere Bewältigungsstrategien zu entwickeln. Nur so lässt sich eine dauerhafte Verhaltensänderung erreichen.

Gesamtgesellschaftliche Verantwortung

Letztlich erfordert das Problem der Arbeitssucht aber auch ein gesamtgesellschaftliches Umdenken. Neben Unternehmen und Arbeitnehmern sind auch Politik, Sozialpartner und Bildungseinrichtungen gefordert, Arbeitsstrukturen und Werte so zu gestalten, dass eine ausgewogene Work-Life-Balance die Norm wird – statt einer Arbeitssucht, die Körper und Seele schädigt.

Foto: Computer-Nutzerin, über dts Nachrichtenagentur

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