Berlin – Nach dem Volksentscheid der Berliner Bürger, der sich gegen eine Umwandlung des Berliner Stromnetzes in ein reines Öko-Stromnetz aussprach, stehen die Chancen für Vattenfall wieder gut, das Netz in Berlin auch nach 2014 weiter betreiben zu können. Die Vattenfall AB, vollständig im Besitz des Schwedischen Staates, gilt als einer der führenden Stromerzeuger in Europa. Über die Tochtergesellschaft Vattenfall GmbH versorgt das Unternehmen auch Deutschland mit Strom und ist in der Bundesrepublik das viertgrößte Versorgungsunternehmen.
Verträge laufen Ende 2014 aus
Vattenfall versorgt in Berlin 3,4 Millionen Menschen mit Energie, doch die Verträge laufen Ende 2014 aus. In der Bundeshauptstadt wollen seit Monaten Umwelt- und Verbraucherschützer das Stromnetz auf Ökostrom umstellen. Im Rahmen des Volksbescheids wurde über einen Rückkauf des Stromnetzes abgestimmt. Mit einem Gesetzesentwurf der Initiative Berliner Energietisch sollte die Gründung eines Öko-Stadtwerks und einer eigenen Netzgesellschaft erreicht werden. Es stimmten jedoch nur 24,1 Prozent der Bürger dafür. Das Ziel wurde nur knapp verfehlt, den 25 Prozent der Stimmen wären nötig gewesen. In Berlin macht sich indes bei den Initiatoren Enttäuschung breit, denn erst im September 2013 ging in Hamburg ein ähnlicher Volksentscheid durch. Dafür ist die Freude bei Vattenfall und seinen Mitarbeitern groß. Und Vattenfall hat es seit langer Zeit nicht leicht. Das Unternehmen musste nicht nur seine Meiler in Brunsbüttel und Krümmel stilllegen, sondern steht auch wegen seiner Braunkohlekraftwerke im Kreuzfeuer der Kritik. Auch der durch Öko-Strom gesunkene Stromhandelspreis macht Vattenfall zu schaffen. Fix im Netz zu sein, wie in Berlin, gibt wirtschaftliche Sicherheit durch die geregelten Gebühren.
Rückzugsgerüchte
Experten sehen bei einem Verlust des Netzgeschäftes die Wahrscheinlichkeit steigen, dass sich Vattenfall aus dem deutschen Markt zurückziehen wird. Deutschland und Vattenfall, die Beziehung bröckelte bereits 2011, nachdem die Vattenfall-Meiler abgeschaltet wurden. Das Unternehmen wollte Deutschland vor dem Internationalen Schiedsgericht für Investitionsstreitigkeiten in Washington auf Schadenersatz verklagen. Besonders der Meiler in Krümmel bedeutete einen großen Verlust, da er nach einem Brand im Jahr 2007 um mehrere Millionen Euro aufgerüstet und erneuert wurde. Der Reaktor hätte durch die vorhandene Reststrommenge noch weitere zehn Jahren gefahren werden sollen. Vattenfall verzichtete jedoch auf die Klage. 2012 wurde die deutsche Vattenfall GmbH mit der Vattenfall Europe AG verschmolzen. Noch in diesem Jahr soll eine Trennung des Konzerns in einen europäischen Teil und einen nordischen erfolgen. Seitens des Staates Schweden wird der Konzern gedrängt, sich verstärkt auf erneuerbare Energien zu konzentrieren und sich von Atomkraft und Braunkohle abzuwenden. In der Teilung des Unternehmens sehen Experten Anzeichen für einen Rückzug aus der Braunkohlekraft in Deutschland.