BKA hat Bundestrojaner bislang nicht eingesetzt

Das Bundeskriminalamt (BKA) hat die umstrittene staatliche Spionagesoftware – umgangssprachlich Bundestrojaner genannt – mehr als eineinhalb Jahre nach Freigabe durch das Bundesinnenministerium noch nicht eingesetzt. Das berichtet die „Welt“ (Online-Ausgabe) unter Berufung auf Sicherheitskreise. Die Software gelte als nahezu unbrauchbar, weil sie nur sehr eingeschränkt eingesetzt werden kann.

Nach Informationen der Zeitung kam das vom BKA entwickelte Programm mit dem Namen „Remote Communication Interception Software“ (RCIS) bislang noch in keinem Ermittlungsverfahren zum Einsatz. Das Bundesinnenministerium hatte den Trojaner im Februar 2016 offiziell zum Einsatz freigegeben. Die mehrjährige Entwicklung des staatlichen Spionageprogramms soll rund 5,8 Millionen Euro gekostet haben, heißt es aus Sicherheitskreisen. Hinzu kommen Kosten von knapp 190.000 Euro für eine externe TÜV-Prüfung der Software. Ein kommerziell beschaffter Trojaner („FinSpy“) wurde laut „Welt“ bislang ebenfalls noch nie von deutschen Behörden eingesetzt. Das Programm wird seit Jahren einer TÜV-Prüfung unterzogen und soll eigentlich als Ersatz für die BKA-Software dienen. „Natürlich brauchen Sicherheitsbehörden heute moderne Instrumente um ihren Aufgaben auch in der digitalen Welt effektiv nachkommen zu können“, sagte Konstantin von Notz, stellvertretender Vorsitzender der Grünen-Bundestagsfraktion der Zeitung. Derzeit würden allerdings „Millionen von Euro für die Entwicklung von Software und deren Überprüfung versenkt, die noch bevor sie zum Einsatz kommen einer neuen Version bedürfen.“ Aus Sicherheitskreisen hieß es, der sogenannte Bundestrojaner sei in seiner aktuellen Version für die Ermittlungsarbeit weitestgehend unbrauchbar. Mit der BKA-Software sei es derzeit nur möglich, das Internet-Telefonieprogramm Skype auf Computern mit Windows-Betriebssystem zu überwachen, berichtet die „Welt“. Sowohl bei Mobiltelefonen, Laptops als auch Tablets sei der Trojaner nicht einsatzfähig. Auch diverse Chatdienste wie WhatsApp, Telegram oder Facebook-Messenger könne die Software nicht überwachen. Der SPD-Bundestagsabgeordnete und Netzpolitiker Lars Klingbeil forderte eine strengere Kontrolle bei Entwicklung und Einsatz von staatlichen Spähprogrammen. „Bevor weitere Trojaner programmiert oder eingekauft werden, sollten die bisherigen Projekte kritisch begutachtet werden“, sagte Klingbeil der Zeitung. Es seien viele Fragen auch bei der aktuellen Trojanerversion noch nicht geklärt: „Was wurde da für viel Geld entwickelt? Wie funktioniert die Software? Und ist die Software überhaupt verfassungskonform?“ Das BKA arbeitet bereits an einer Weiterentwicklung des Bundestrojaners, die noch in diesem Jahr fertiggestellt werden soll. Die Software RCIS 2.0 soll die Überwachung von Messenger-Diensten auf Mobilgeräten wie Smartphones und Tablets ermöglichen.

Foto: Computer-Nutzer, über dts Nachrichtenagentur

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