Früherer WTO-Chef: Politik muss auf TTIP-Kritik eingehen

Container, über dts NachrichtenagenturDer frühere Chef der Welthandelsorganisation WTO, Pascal Lamy, hat die EU und die USA aufgefordert, auf die öffentliche Kritik am geplanten transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP) zu reagieren: „TTIP ist überfrachtet. Das Abkommen sollte in Blöcke aufgeteilt werden“, sagte Lamy der „Welt am Sonntag“. Anstatt ein großes Abkommen abzuschließen, sollten in einem ersten Vertrag nur Zölle und einfache Regulierungsfragen behandelt werden.

Erst in einem zweiten Schritt sollten beide Seiten über sensible Verbraucherschutzfragen wie Genveränderte Lebensmittel oder Arzneimittelzulassungen sprechen. Lamy machte der EU schwere Vorwürfe. Brüssel habe es zu Beginn der Verhandlungen „total vermasselt“, den Menschen TTIP nahezubringen. „Zum ersten Mal in der Geschichte war die Annäherung von Schutzstandards das Hauptthema in einem Handelsvertrag“, sagte Lamy. Die Verantwortlichen hätten aber so getan, „als ginge es beim TTIP um ein gewöhnliches Handelsabkommen“. Die EU habe viel zu spät auf den anwachsenden Protest reagiert. „Geschlagene drei Jahre hat die EU gebraucht, um klarzustellen, dass die Anpassung der Standards nach oben stattfinden muss.“ Trotz dieser Probleme hält Lamy TTIP für sinnvoll. Richtig ausverhandelt, müsse es bei TTIP keine Verlierer geben. „Sowohl die USA als auch die EU würden von TTIP stark profitieren. Denn die Belastungen durch höhere Standards würden mehr als wettgemacht durch die Gewinne, die in einem größeren Markt entstehen würden.“ Die SPD sieht vor allem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Pflicht. „Die Kanzlerin muss bei dem Thema endlich Flagge zeigen, anstatt sich wegzuducken und Gabriel allein die Arbeit zu überlassen“, sagte der Präsident des SPD-Wirtschaftsforums, Michael Frenzel, der „Welt“. „Der Wirtschaftsminister kämpft für TTIP. Frau Merkel, kämpfen Sie mit.“ Von Barack Obamas Besuch auf der Hannover-Messe müsse ein klares Signal ausgehen: „TTIP muss kommen“, so Frenzel. Es sei gut, dass die privaten Schiedsgerichte vom Tisch seien. „Jetzt brauchen wir dafür eine vernünftige Alternative, und dann müssen die Verhandlungen zügig abgeschlossen werden.“

Foto: Container, über dts Nachrichtenagentur

 

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