Innenministerium: Gambia erlaubt „ab sofort“ wieder Abschiebungen

Gambia ist von seiner vollständigen Rücknahmeverweigerung eigener Staatsbürger aus der EU abgerückt. Das Bundesinnenministerium habe entsprechende Informationen bestätigt, berichtet die „Welt“ (Montagsausgabe). Ein Sprecher erklärte demnach, er könne „bestätigen, dass die Regierung von Gambia der EU mitgeteilt hat, dass das bisher bestehende Rückführungsmoratorium aufgehoben ist. Rückführungen nach Gambia sind daher auf Linienflügen ab sofort wieder möglich.“

Allerdings ist man damit noch weit davon entfernt, in relevanten Größenordnungen abschieben zu können. Dafür bedürfte es auch der Landeerlaubnis für Sammelabschiebungen mit Chartermaschinen. Bei den gescheiterten Verhandlungen der EU-Kommission im Mai wurde von dem kleinen Land verlangt, einen Charterflieger pro Woche mit höchstens 25 Abzuschiebenden schicken zu dürfen, wie aus einem internen EU-Dokument hervorgeht. Davon konnte Gambia bis heute nicht überzeugt werden. Neben Italien am stärksten von illegaler Zuwanderung aus Gambia betroffen ist Deutschland und hier besonders Baden-Württemberg. 9.478 Gambier stellten seit 2015 bis Mitte des Jahres dort einen Asylantrag. Nur wenige endeten positiv. Wie das dortige Landesinnenministerium auf Anfrage der „Welt“ mitteilte, lag im ersten Halbjahr 2019 die Anerkennungsquote – also der Anteil von Asylgewährung, Flüchtlingsschutz und subsidiärem Schutz an der Gesamtzahl der Asylanträge – von Gambiern bei „durchschnittlich 2,9 Prozent“. Die übrigen wurden entweder abgelehnt, weil sie keine plausiblen Schutzgründe vorbringen konnten, oder ihr Verfahren wurde erledigt, weil sie schon in einem anderen Staat, meist Italien, einen Asylantrag gestellt hatten. Laut dem baden-württembergischen Innenministerium wurden aber zwischen 2016 und Mitte 2019 nur 594 Gambier abgeschoben. Weit überwiegend handelte es sich dabei um Rückführungen nach Italien. Tatsächlich in ihr Heimatland gebracht wurden nur wenige pro Jahr. Wie viele genau, listet das Land nicht separat auf, doch aus der gesamten Bundesrepublik waren es im Jahr 2018 nur 144 Personen, was schon viel mehr als in den Vorjahren war. In den vergangenen Monaten wurde in Berlin und Brüssel erwogen, dass alle bis zu einem bestimmten Stichtag unerlaubt zugewanderten Gambier bleiben dürfen, falls sie keine Straftaten begehen. Die EU solle zusagen, die Menschen mit allen denkbaren Anstrengungen in Arbeit zu bringen. Gambia würde im Gegenzug öffentlich erklären, Straftäter und alle ab dem Stichtag unerlaubt nach Europa Reisenden zurückzunehmen. Zudem würden die Reintegrationshilfe für Rückkehrer, die Entwicklungshilfe sowie die Ausbildungsprogramme in Gambia ausgebaut und die legale Migration von Gambiern über Studenten- und Arbeitsvisa erweitert. In einer internen Analyse des Bundesinnenministeriums, über welche die „Welt“ berichtet, wurden diese Pläne scharf zurückgewiesen. „Die vorgeschlagene Stichtagsregelung für ein Bleiberecht hinsichtlich aller nicht straffälligen Gambier ist ungeeignet, rechtlich problematisch und politisch nicht vertretbar.“ Eine „Belohnung“ der gambischen „Obstruktionshaltung durch ein Bleiberecht könnte Schule machen“. Gambia sei grundsätzlich zur Rücknahme der eigenen Staatsangehörigen verpflichtet. Welche Sanktionsdrohungen oder Anreize letztlich den Ausschlag für die nun erzielte Rücknahmebereitschaft gaben, war zunächst unklar.

Foto: Flüchtling, über dts Nachrichtenagentur

 

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