Merkel will Renten-„Nachholfaktor“ nicht wieder einführen

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht derzeit keine Notwendigkeit, den 2018 von Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil (SPD) ausgesetzten Nachholfaktor in der gesetzlichen Rentenversicherung wieder einzuführen, der 2008 nach der Finanzkrise für eine Lastenverteilung zwischen Rentnern und Beitragszahlern gesorgt hatte. Das teilte die Kanzlerin dem FDP- Bundestagsabgeordneten Johannes Vogel als ausstehende Antwort aus der Regierungsbefragung von Mitte Mai mit. Die „Süddeutsche Zeitung“ (Dienstagausgabe) berichtet darüber.

Der Nachholfaktor war 2008 vom damaligen Sozialminister Olaf Scholz (SPD) eingeführt worden, als Gegengewicht zur Rentengarantie, die Rentenkürzungen bei sinkenden Löhnen verhindert. Die Kanzlerin schrieb Vogel jetzt: „Der von ihnen beschriebene Effekt, dass die Renten stärker als die Löhne steigen könnten, kommt frühestens bei der Rentenanpassung zum 1. Juli 2022 zum Tragen.“ Derzeit bedürfe es also „keiner Änderung der Rentenanpassung“. Die Abschaffung des Nachholfaktors durch Heil im Zuge der Einführung der doppelten Haltelinie für Rentenbeitrag und Rentenniveau im Jahr 2018 wird mit den erheblichen wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise wieder aktuell, weil es bei voraussichtlich stark sinkenden Löhnen zu einem Anstieg des Rentenniveaus kommt. Vogel warf der Kanzlerin in der SZ vor: „Die Bundesregierung will ihren eigenen Scherbenhaufen nicht etwa aufkehren, sondern der nächsten Bundesregierung vor die Füße kippen.“ Merkel ist nach derzeitigem Stand im Juli 2022 nicht mehr Kanzlerin. Mit der Rentengarantie stellte Scholz seinerzeit sicher, dass angesichts sinkender Löhne die Ruhestandsbezüge nicht gekürzt werden können. Zum Ausgleich führte er den Nachholfaktor ein. Der sollte für Generationengerechtigkeit sorgen: Sobald sich die Wirtschaft erholt und die Löhne wieder steigen, sollten die dann möglichen Rentenerhöhungen nur halb so hoch ausfallen wie nach der Rentenanpassungsformel eigentlich vorgesehen – bis die vermiedene Rentenkürzung ausgeglichen ist.

Foto: Rentenversicherung, über dts Nachrichtenagentur

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