Neugründungen – in der Schweiz boomt der Traum von der Selbstständigkeit

„Die Stimmung in der Schweiz ist ausgezeichnet“ – denn es werden so viele Firmen wie noch nie gegründet. Im ersten Halbjahr hat der Boom der Neugründungen von Unternehmen in der Schweiz angehalten, doch regional zeigten sich Unterschiede.

Die Schweizer Gründer- und Startup-Szene

Das St. Galler IFJ Institut für Jungunternehmen schrieb in einer Mitteilung, dass im ersten Halbjahr 2018 insgesamt 22,447 Neueintragungen im Handelsregister vorgenommen wurde. Das entspricht einer Steigerung von 1,8 % zum Vorjahr und stellt laut IFJ ein neues Allzeithoch dar. Lagen die Monate März (-7,5 %) und Juni (-3,5 %) unter dem Vorjahresniveau, so zeigten sich der Januar (+ 7 %) und der April (+13 %) als sehr gründungsintensiv.

Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung – kurz GmbH – ist nach wie vor die beliebteste Rechtsform bei den Unternehmensneugründungen und hat rund 4 % mehr Gründungen zu verzeichnen als im Vorjahr. Auf dem zweiten Platz folgt die Einzelfirma mit rund 33 %, während die Aktiengesellschaft (AG) mit 20 % auf dem dritten Rang liegt. Die Kollektivgesellschaft (KIG) ist abgeschlagen mit 4 % auf dem vierten Platz der Firmenneugründungen. Diese vier Rechtsformen machen zusammen rund 94 % der neueingetragenen Rechtsformen im ersten Halbjahr 2018 in der Schweiz aus.

Regional betrachtet, zeigen sich große Unterschiede bei der Anzahl der Neugründungen. Die Kantone Zug (+25 %), Genf (+7 %) und das Tessin (+ 5%) verzeichnen eine deutliche Zunahme. Doch es waren im ersten Halbjahr die eher gründungsschwachen Kantone Appenzell Außerrhoden mit 18 %, Uri mit 16 % und Glarus mit 13 %, die positiv abschnitten. Anders sah es bei der Zahl der Neugründungen in den Regionen Espace Mittelland, Zürich und der Ostschweiz aus.

Wenn der Traum der Selbstständigkeit zerplatzt

Der Grund für die Zunahme der Firmengründungen ist sicherlich in zwei Punkten zu finden: die tiefen Zinsen sowie die vergleichsweise robuste Konjunktur der Schweiz. Davon werden auch viele Firmengründer aus der EU in die Schweiz gelockt. Aber auch viele junge Menschen wählen den Weg in die Selbstständigkeit, anstatt sich bei einem Großkonzern anheuern zu lassen, um so mit Kollegen ihre Ideen umzusetzen.

Den Jungunternehmen sind die Selbstverwirklichung und eine gewisse Freiheit oder Flexibilität wichtiger als das schnelle Geld. Auch Großkonzerne tendieren im Gegenzug dazu, ihre Geschäftseinheiten als eigenständige Firmen auszulagern. So können sich diese frei entfalten und gängige Geschäftsmodelle aufbrechen. Ob es sich bei diesen neu eingetragenen Firmen im Handelsregister aber lediglich um Start-ups handelt, das kann nicht daraus abzuleiten. Der Grund ist, dass es sich bei Neueinträgen nicht immer definitionsgemäß um eine neu gegründete Unternehmung handelt, sondern es kann sich auch um Zweigniederlassungen handeln, die bereits seit Jahren als in- oder ausländische Firma existieren. Doch aufschlussreicher als die Zahl der Neueintragungen im Handelsregister dürfte wohl die durchschnittliche Überlebensdauer sein.

10 Jahre sind der Durchschnitt

Es zeigt sich über alle Branchen hinweg, dass im Kanton Zürich sowie auch der Stadt Zürich rund 90 % der Unternehmen, die ersten beiden Jahre überstehen. Im dritten Jahr sinkt die Zahl bereits um 10 %, während nach vier Jahren nur noch rund 70 % der Geschäftsgründungen bestehen. Dies zeigt eine Auswertung des statistischen Amts des Kantons Zürich auf, die auf den Daten des Zürcher Handelsregisters basiert. Vom Amt wird zudem untersucht, ob eine neu eingetragene Firma auch in den folgenden Jahren weiterhin im Register eingetragen ist.

Die Unternehmen im Kanton Zürich werden im Durchschnitt rund 10 Jahre alt und in der Stadt neun Jahre. Damit wurden die neu gegründeten Firmen im Jahr 2017 bereits ein Jahr älter als 2015. Doch das Zahlenmaterial weist noch mehr auf: Die Unternehmen im Sektor Maschinenbau oder der Druckindustrie werden nach wie vor am ältesten, während die in den Branchen Handel und Gastgewerbe zu denen gehören, in denen die höchste „Sterblichkeitsrate“ vorhanden ist. Die Firmen in der Finanz-, Informatik- oder Gesundheitsbranche überleben mit einer Rate von 80 %.

Was die Gründe für Lösungen und Liquidationen von Start-ups angeht, so sind diese vielfältig. Das beginnt bei einer ungenügenden Finanzplanung, geht über den Streit unter den Firmengründern bis hin zum Ankauf des Start-ups durch ein bereits etabliertes Unternehmen.

Auf städtischer wie auf kantonaler Ebene zeigte sich in Zürich 2017 in Hinsicht auf die Unternehmensform, die bei der Gründung gewählt wird ein ähnliches Bild. Stiftungen, Vereine, Aktiengesellschaften und GmbHs die 2013 gegründet wurden, waren vier Jahre später noch mit rund 90 % aktiv, während die Überlebensrate im gleichen Zeitraum bei den Kollektivgesellschaften und Einzelunternehmen auf rund 65 % sank.

Damit wird eines deutlich: Die Gründung und die Eintragung einer AG oder einer GmbH sind finanziell und planerisch aufwendiger als die Gründung einer Einzelunternehmung. Da hier mehr Aufwand betrieben wird, schließt das statistische Amt des Kantons Zürich darauf, dass diese Geschäftsgründungen besser durchdacht und fundierter sind. Bei den Stiftungen und Vereinen, von denen häufig kein wirtschaftlicher Zweck verfolgt wird und nur wenige Mitarbeiter beschäftigt werden, dürfte die Überlebensrate daher höher liegen, als bei anderen Unternehmensformen.

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