Nordafrika: Weiterhin hohe Zahlungsrisiken für Lieferanten

Geschäfte mit nordafrikanischen Unternehmen bleiben für Exporteure mit hohen Forderungsrisiken verbunden. Das zeigt der aktuelle Country Report von Atradius für die Region Mittlerer Osten und Nordafrika. So birgt der Handel mit Firmen in Ägypten, Algerien und Tunesien neben wirtschaftlichen Unsicherheiten vor allem hohe politische Risiken für Lieferanten und Dienstleister. Bei Geschäften mit Unternehmen in Marokko, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten sind die politischen Risiken vergleichsweise gering. Jedoch lauern auch hier in vielen Branchen hohe Zahlungsausfallrisiken.

„Die anhaltend hohen Forderungsrisiken in Nordafrika betreffen zahlreiche deutsche Unternehmen“, sagt Dr. Thomas Langen, Senior Regional Director Deutschland, Mittel- und Osteuropa von Atradius. „Produkte ‚Made in Germany‘ haben einen sehr guten Ruf in der Region. Allerdings hat sich die politische und wirtschaftliche Risikolage in vielen Ländern des Maghreb in den vergangenen Jahren leider nicht verbessert. Die Gefahr, im Exportgeschäft einen Zahlungsausfall zu erleiden, ist daher nach wie vor beträchtlich.“

Währungsabwertung belastet Ägyptens Wirtschaft

Ägypten befindet sich in einer ökonomisch schwierigen Phase. Ende 2016 hat die Regierung einem Hilfspaket des Internationalen Währungsfonds in Höhe von zwölf Milliarden US-Dollar zugestimmt. Voraussetzung hierfür war unter anderem die Flexibilisierung des eigenen Wechselkurses. In der Folge hat die Währung massiv an Wert verloren. Das ist gut für Exporteure, belastet jedoch importierende Unternehmen und deren Liquidität. Zudem hemmen die hohe Inflation sowie Subventionskürzungen den privaten Konsum. Auch im Bankensektor bestehen aufgrund des hohen Volumens staatlicher Kredite Unsicherheiten. Hinzu kommen die weiterhin schwelenden politischen Konflikte im Land. Atradius schätzt das politische Risiko Ägyptens daher derzeit moderat bis hoch ein. Bei Abnehmern aus den Branchen Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) sowie Papier sind die Zahlungsrisiken am höchsten.

Algerien: Hohe Abhängigkeit von Öl und Gas

Algerien ist bei seinen Exporteinnahmen zu 95 % und bei seinen Staatseinnahmen zu 60 % von seinen Einnahmen aus Öl- und Gasvorkommen abhängig. Um den Ölpreisverfall in den Jahren 2015/2016 auszugleichen, hat die Regierung die Mittel aus dem staatlichen Öl-Fonds nahezu aufgebraucht. Vor diesem Hintergrund wird für Algerien – trotz der Erholung der Ölpreise – 2018 nur ein geringes Wachstum des Bruttoinlandsprodukts prognostiziert. Die Regierung kommt mit ihren Bemühungen, die Wirtschaft zu diversifizieren, nur schleppend voran. Von den untersuchten Branchen ist mittelfristig nur der Ausblick für den Öl- und Gasbereich positiv, in allen anderen Sektoren bestehen beträchtliche Risiken für Forderungsausfälle. Die innere Sicherheitslage gilt als verhältnismäßig stabil, allerdings steigen die Risiken sozialer Unruhen aufgrund von Vetternwirtschaft, hoher Arbeitslosigkeit, Mangel an bezahlbarem Wohnraum sowie steigenden Lebenshaltungskosten. Auch hat sich die Wahrscheinlichkeit von terroristischen Anschlägen zuletzt erhöht. Atradius schätzt das politische Risiko Algeriens derzeit als moderat bis hoch ein.

Tunesien: steigende Unsicherheiten aufgrund von Spannungen in der Regierung

Das politische Risiko Tunesiens hat sich seit dem vergangenen Jahr erhöht, nicht zuletzt aufgrund andauernder Konflikte in der aktuellen Koalition um die politische Ausrichtung der Regierung. Hinzu kommt eine große Unzufriedenheit innerhalb der tunesischen Bevölkerung aufgrund der wirtschaftlichen Situation und fehlender Reformen. Für 2018 und 2019 wird ein moderates Wachstum von 2,5 bzw. 1,8 % erwartet. Die Inflation steigt weiter an, angetrieben durch höhere Lebensmittelpreise und eine Abschwächung der Währung. Der Finanzsektor bleibt schwach und das Volumen der notleidenden Kredite hoch. Das Haushaltsdefizit wird sich 2018 und 2019 nur allmählich verringern. Von den 15 im Country Report analysierten Branchen ist lediglich der Ausblick für die Bereiche Automobil und Transport, Energie und Lebensmittel leicht positiv. Alle anderen Bereiche weisen beträchtliche Risiken für Zahlungsausfälle und -verzögerungen auf.

Marokko, Saudi-Arabien und die VAE: Unsichere Branchenentwicklung

Die politischen Risiken für Exporteure bei Geschäften mit marokkanischen und saudi-arabischen Unternehmen sind aus der Sicht der Atradius-Experten derzeit moderat bis gering. Jedoch ist der Ausblick für verschiedene Branchen in den genannten Ländern negativ. So steht insbesondere der Bauwirtschaft, der Elektronik- und IKT-Branche, dem Papiersektor und der Textilwirtschaft eine schwierige Periode bevor. In Saudi-Arabien gibt es große Forderungsrisiken bei Geschäften mit Bauunternehmen, Konsumgüteranbietern, Elektronik- und IKT- sowie Stahlfirmen. In den Vereinigten Arabischen Emiraten bergen die Sektoren Bau, Konsumgüter, Elektronik/IKT, Lebensmittel, Metall, Stahl und Textil hohe Unsicherheiten im Hinblick auf mögliche Zahlungsausfälle.

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