NS-Zwangsarbeiter: Bahlsen-Verwaltungsratschef gesteht Fehler ein

In der Affäre um die NS-Vergangenheit der Unternehmer-Dynastie Bahlsen hat sich der Firmen-Patriarch und Chef des Verwaltungsrats, Werner M. Bahlsen, zu Wort gemeldet. „Ich bin schockiert. Das höre ich heute zum ersten Mal und das ist eine Katastrophe. Das geschilderte Verbrechen macht mich sehr betroffen“, sagte er der „Bild am Sonntag“ über die Schilderung einer Zwangsarbeiterin, die aus Kiew verschleppt, mit einem Viehwagon nach Hannover deportiert und dort zum Arbeiten bei Bahlsen gezwungen wurde.

Nach Informationen des Zeitung hatte Bahlsen bereits 1999/2000 mit juristischen Tricks gegen eine Entschädigungs-Klage von ehemaligen Zwangsarbeitern gekämpft. „Die Juristen haben sich offenbar auf Paragrafen zurückgezogen“, sagte Bahlsen nun der „Bild am Sonntag“. Dabei habe man die „moralische Verantwortung“ vergessen. „Ich habe mich damals nur am Rande mit der Sache befasst. Rückwirkend gesehen, war das ein Fehler. Ich hätte das in die Chefetage holen müssen.“ Das Unternehmen hat den unabhängigen Experten Manfred Grieger, bis 2016 Chefhistoriker bei Volkswagen, damit beauftragt habe, die Firmengeschichte aufzuarbeiten. Die Aufarbeitung kann bis zu drei Jahren dauern. Mitte der Woche hatte Verena Bahlsen, die Tochter von Werner M. Bahlsen, einen Skandal ausgelöst, als sie über die Bahlsen-Zwangsarbeiter sagte: „Wir haben die Zwangsarbeiter genauso bezahlt wie die Deutschen und sie gut behandelt.“ Und: Bahlsen habe sich „nichts zuschulden kommen lassen“. Auf die Äußerungen angesprochen, verteidigte Werner M. Bahlsen seine Tochter. „Meine Tochter hat etwas gesagt, was falsch ist. Das hat sie eingesehen und sich dafür öffentlich entschuldigt“, so Bahlsen. Der Stein sei ins Rollen gekommen und „wir müssen uns stellen“. Es sei gut, dass jetzt alles auf den Tisch komme. „Sie hat mit ihren 26 Jahren sicher nicht die gesamte Dimension gesehen“, so Bahlsen weiter. Auch habe er ihr nicht genügend über die Vergangenheit erzählt. Bahlsen: „Ich werfe mir vor, dass wir unsere Geschichte nicht früher haben aufarbeiten lassen, um der nachfolgenden Generation an dieser Stelle die Last zu nehmen.“

Foto: Werner Michael Bahlsen, über dts Nachrichtenagentur

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