Opposition macht Druck wegen Staatsleistungen an Kirchen

Die Oppositionsparteien im Bundestag machen Druck wegen einer Ablösung der sogenannten Staatsleistungen an die beiden Kirchen. So könnte nun politischer Schub in die seit einem Jahrhundert aufgeschobene und umstrittene Entscheidung kommen, berichtet die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ nach einer Abfrage aller Fraktionen im Parlament. Konstantin von Notz, Beauftragter für Religion und Weltanschauungen der Grünen, sieht zwar eine immense politische Vorarbeit nötig, weil es um erhebliche Beträge für die Kirchen, aber auch die Länder gehe.

„Dennoch ist die Politik in der Pflicht, nach einhundert Jahren des Bestehens der Ablösungsverpflichtung nun aktiv an Lösungen zu arbeiten.“ Der FDP-Abgeordnete Stefan Ruppert, Parlamentarischer Geschäftsführer seiner Fraktion und deren kirchenpolitischer Sprecher, sieht derzeit „Chancen“ auf einen Konsens. Ziel sei, nun weite Teile des Bundestags, die Länder und die Kirchen zusammenzubringen. Der Steuerzahler ohne religiöse Bindung verstehe heute nicht mehr, weshalb er die Kirchen mitfinanzieren solle. Zugleich verliere die Legitimationskraft der Kirchen auf Ansprüche wie die jährlichen Staatsleistungen doch an Glanz. „Die Preise werden nicht besser für die Kirchen, deshalb müsste eine Ablösung in ihrem Interesse liegen“, sagte Ruppert. Die zuständige Linken-Abgeordnete Christine Buchholz sagte: „Gerade in Zeiten einer größeren religiösen und weltanschaulichen Vielfalt muss diese Bevorzugung der großen christlichen Kirchen beendet werden.“ Es sei möglich, in dieser Legislaturperiode ein Grundsätzegesetz (Leitlinien für die Bundesländer) auf den Weg zu bringen. Der kirchenpolitische Sprecher der AfD, Volker Münz, Mitglied der evangelischen Bezirkssynode Göppingen, wies auf die Komplexität einer solchen Entscheidung hin. Bund, Länder, Diözesen, Landeskirchen und auch der Vatikan müssten an einen Tisch und sich einigen. „Die Ablösung muss endlich umgesetzt werden.“ Die Staatsleistungen liegen derzeit mit 548,7 Millionen Euro im Jahr auf einem Rekordniveau. Seit dem Jahr 1949 sind der evangelischen und der katholischen Kirche darüber zusammen fast 18,5 Milliarden Euro aus den Haushalten der Länder zugeflossen. Nur Bremen und Hamburg beteiligen sich nicht. Hintergrund sind Ansprüche der Kirchen als Ausgleich für Enteignungen unter anderem im Zusammenhang mit dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803. Die Ablösung wurde in der Weimarer Reichsverfassung im Jahr 1919 als Verfassungsauftrag festgehalten und ist dann später ins Grundgesetz der Bundesrepublik übernommen worden. Die Vertreter der Regierungskoalition zeigen sich zurückhaltend. Der kirchenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Hermann Gröhe, führte an, dass eine Ablösung durch eine Einmalzahlung mit Belastungen in Milliardenhöhe verbunden wäre, welche die Länder tragen müssten. „Auch deshalb ist für mich die Ablösung keine vordringliche politische Aufgabe. Allerdings ist dann auch eine polemische Kritik an den Staatsleistungen unangemessen, zumal sich die beiden großen Kirchen zu Gesprächen über eine Ablösung bereit erklärt haben.“ Sein Pendant von der SPD, Lars Castellucci, sagte, die Bundesländer hätten bislang kein Interesse an der Ablösung der Staatsleistungen angemeldet. „Sie scheuen verständlicherweise die dann fällige Einmalzahlung in unbestimmter Höhe.“

Foto: Evangelische Kirche, über dts Nachrichtenagentur

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